Heute starte ich auf die Grüne Via Alpina, auch SwissRoute1 oder früher Alpenpassroute genannt: Über 14 Pässe soll es längs durch die Schweiz gen Westen bis Montreux am Genfer See gehen.
Meine Gastgeber haben allerdings gewisse Veränderungen an mir vorgenommen, wie ich nun so an der Startlinie auf das "Go" warte: Rucksack weg, lange Ärmel, Sport- statt Bergschuhe, Rallyestreifen, ...
Mitten in Vaduz wurde der Beginn mit Höhenprofil eingelassen (obwohl Start wohl eigentlich in Gaflei ist):
Bereits um 07:24 Uhr am Morgen fühle ich mich heute allerdings etwas unter Druck gesetzt. Ich kann gar nicht genau sagen warum, aber mir dünkt, aus der Richtung Feldkirch/Bludenz höre ich Jagdgeräusche und spüre quasi schon einen heißen Atem im Genick. Beängstigend !
Nur zur Sicherheit. Nicht, daß Menschen, die mich (noch) gar nicht (persönlich) kennen, einen falschen (zu positiven) Eindruck von mir gewönnen: Ich mache keine Scherze. Ich erzähle keine Märchen. Ich halte, was ich verspreche:
Jetzt aber über die alte Rheinbrücke endlich raus aus Liechtenstein und rüber in die Schwiiz:
Meine Vorurteile gegenüber der Schweiz bestätigen sich umgehend: Perfekte (Wanderweg-)Ausschilderung !
Sogar die Baustellen-Umleitung in einem kleinen Örtchen ist unübersehbar und führt (beschildert) durch private Gärten sowie Hinterhöfe und dann über extra angelegte Aufstiegshilfen nach oben zurück auf das Sträßchen, wo zwischendrin die Baustelle ist.
Herrlich führt der Weg oberhalb des Rheintals am Hang entlang gen Süden. Mal durch den Wald, mal durch kleine Weiler oder wie hier an einem kleinen Weinberg entlang.
In einem dieser malerischen Örtchen nach Sevelen treffe ich auf Kerstin und Jan aus Bochum: Die gesamte Rote Via Alpina (Triest - Monaco) sind sie über Jahre bereits abgewandert und nun haben sie sich die ersten zehn Tage der Grünen Via Alpina vorgenommen.
Allerdings gehen sie heute nur bis Sargans, so daß wir uns gleich wieder aus den Augen verlieren. Schade !
Just als wir da so plaudern, wandern zwei junge Damen mit großen Rucksäcken in die Gegenrichtung vorbei. Wow, so viele Mehrtageswanderer auf einem Fleck in freier Wildbahn habe ich dieses Jahr ja noch gar nicht gesehen/getroffen.
Und am Brunnen anbei hat sich eine etwas laaangsaaamere Wanderin wohl die Wasservorräte nochmal aufgestockt, bevor es auch für sie weitergeht...
Das Wetter sieht heute wieder besser aus und ich spaziere gut gelaunt gen Süden.
Hier in der Schweiz (aktuell Kanton Sankt Gallen) muß ich aufpassen: Andere Länder, andere Sitten.
Beflaggung deutet hier eher NICHT unbedingt auf Speisen und Getränke hin:
Ein früherer Handelsweg wurde hier vor einigen Jahren wieder für Fußgänger, Radler und Reiter hergerichtet. Da aber im Lauf der Jahrhunderte zwei Steinbrüche einen Teil des Berges weggefressen haben, war das gar nicht so einfach und hier hat man aufwendig einen Tunnel gebaut, um den Weg weiterführen zu können:
Die Wachposten am Eingang lassen mich allerdings unbehelligt passieren und ich muß noch nichtmal Maut bezahlen...
Im Tunnel selbst ist es erstmal ziemlich finster, da ich aber bereits Licht am Ende des Tunnels erkennen kann, spare ich mir das Herausholen von Stirn- oder Handy-Lampe.
Doch kaum bin ich wenige Meter ins Dunkle gegangen, schon wird es plötzlich hell:
Die Schweizer haben allen Ernstes den abgelegenen Tunnel elektrifiziert und stromsparend mit Bewegungsmeldern ausgestattet ! DAS nenne ich mal eine Service-Gesellschaft !
Jenseits des Tunnels, beim Zurückblicken, erkenne ich auch die massiven Steinschlagsicherungen oberhalb und den deswegen dort auch künstlich weiter herausgeführten Tunnel:
Ordentlich Aufwand für Nicht-Autofahrer !
Weiter geht es am Hang des Rheintals entlang...
Schließlich erreiche ich Sargans, welches ich gen Südwesten nach Mels durchqueren muß:
Am Ortsrand findet sich das Gonzen-Eisen- und Mangan-Bergwerk, welches größte Besucher-Bergwerk der Schweiz ist:
Über Jahrtausende wurde hier Erz abgebaut. Bei der Betriebseinstellung in den 1960er Jahren erstrecken sich die Stollen über mehr als 90 Kilometer Länge im Berg und über 1.000 Höhenmeter in der Vertikalen.
Meine Vorbereitung im Frühjahr zahlt sich aus: Sowohl den Tunnel mit seiner aufwendigen Sicherung als auch das Bergwerk sind mir schon grob bekannt: Hatte ich mir im Vorfeld vom ganzen Rest der Tour Kartenausschnitte zusammengesucht, habe ich für den Schweizer Teil dagegen eine mehrteilige Reportage ("bi di Lüt") in der Mediathek des Schweizer Fernsehens angesehen, wo ein bekannter Moderator mit einem Fernsehteam die Via Alpina im April vor ein paar Jahren mit Tourenski, Gleitschirm und zu Fuß begangen ist.
Den Tipp dazu hatte ich erst im März in Vösslau, südlich von Wien erhalten (Danke, Thomas !) - ist doch gut, wenn man mal rauskommt und auf andere Gedanken gebracht wird ;-)
Der Blick zurück auf den mächtigen - wenn auch wie ein Schweizer Käse durchlöcherten - Felsklotz:
Beim Aufstieg durch den Wald jenseits von Mels treffe ich dann auf weitere Relikte aus der Schweizer Bunker- und Befestigungszeit:
Auch vor Sargans waren zur Sicherung des Rheintals mächtige Stahlbetonbunker mit Haubitzen-Stellungen in die Felsen eingelassen gewesen. Aber sogar die Schweiz hat vor einigen Jahren Friedensdividende eingestrichen und ganz viele Bunker im ganzen Land stillgelegt.
Als ich weit oberhalb der Straße für den Autoverkehr über Alm-/Weilersträßchen weiter in das Weisstannental gen Süden vorstoße, sehe ich weiter hinten schon das drohende Unheil: Regen.
Der Blick zurück dagegen:
Nun, hilft ja nichts: Auch üppiges Pausieren und langsames Schlendern läßt die Regenschleier im hinteren Tal nicht weniger werden und so muß ich irgendwann doch noch die Regenklamotten herausholen.
Nach nicht all zu langer Zeit ist dieser Spuk aber auch vorbei und ich komme runter ins Tal, wo eine ganze Meute von Tageswanderern bereits auf das Postauto talauswärts wartet:
Die Schweiz ist in dieser Hinsicht ja wirklich nahezu perfekt erschlossen, auch wenn ich diese Option NATÜRLICH - im wahrsten Sinne des Wortes - links liegen lasse.
Am Ortsausgang von Schwendi wechselt die Nationalroute 1 auf die andere Bachseite und damit weg von der Straße.
Nun muß ich nur noch ein paar Kilometer weiter taleinwärts bis zu meiner Unterkunft nach Weisstannen gehen.
Fazit des Tages: Drei Mal bin ich von Einheimischen - beim Blick auf mich und den großen Rucksack - gefragt worden "Via Alpina ?" - Ja, genau ! :-)
Begegnungen:
- 9 Schafe
- Kerstin und Jan aus Bochum, auf dem Weg bis nach Meiringen
- 2 weitere Fernwanderinnen entgegenkommend
- 2 Eidechsen
- 2 blaugrüne Libellen
- 2 Eidechsen
- 1 Eidechse
Ich bin mittlerweile auch auf der Via Alpina angekommen u übernachte auf der Alpe Siez. Bin gespannt wann wir uns über den Weg laufen. LG Anna
AntwortenLöschenSie scheint mir zu fliegen !
LöschenNur noch 1,5 (meiner) Wandertage (oder drei Übergänge) Vorsprung.
Langsam wird mir Angst und Bange.
Bitte rechtzeitig und LAUT (habe nur noch 70% Resthörvermögen) hupen, bevor Du mich über den Haufen läufst :-)
Freue mich auf ein (kollisionsarmes) Treffen...
Wenn sich jeder an seinen Plan hält Haben wir einige realistische Chancen uns zu treffen 😃
LöschenAlso der alte Autist kennt nur den Plan. Etwas anderes existiert für ihn eigentlich seit 47 Wandertagen nicht ;-)
LöschenWerd scho wern - wie die Franken wohl sagen würden...
Cu, K2.
P.S.: DER 5-Euro-Schein ist übrigens der einzige zwischen all den Franken :-)