Freitag, 30. Juni 2023

Tag 27: Ich sehe einen Weg...

Walchensee/Obernach - Oberammergau
(25,5 km - 810 Hm auf - 700 Hm ab)

... den Du nicht siehst.

Herzogstandhäuser wegen Wassermangel geschlossen, Heimgartenhütte nur tagsüber in Betrieb, Hörnlehütte wegen Umbau geschlossen.

Mmmh, da war jetzt größere Flexibilität gefragt, die allerdings von der Bodenkontrolle zuerst etwas überschwänglich flexibel umplanerisch genutzt wurden: Da hätte ich plötzlich einen weiteren Puffertag verbraucht - der gar nicht zu Buche stand.

Die nächste Variante ("38 Kilometer") konnte ich an Hand geographischer Indizien/Randbedingungen schlicht nicht glauben, eine Variante über Oberau erschien mir unsinnig und letztlich führt telefonische Beharrlichkeit doch noch zu einem annehmbaren Grobplan: Über Eschenlohe soll es heute nach Oberammergau gehen.

Immerhin ist Eschenlohe auch bereits kurz nach meinem Start ausgeschildert:

Kinder, die Wegnummer bitte keinesfalls merken: Das würde nur verwirren, da sie nie wieder auftauchen wird, dafür später eine andere...

Landschaftlich ist die südlichste der drei E4-Routen hier in der Gegend aber auch eine nette Variante, denn sie führt durch das Eschental gen West-Nord-West.

Vor dem Furten hatte ich - ob der Strömung - zwar erst etwas Angst (ich weiß, ich weiß, ich bin ein Schisser !), aber letztlich komme ich heil am anderen Ufer an:

Etwas später komme ich dann an die Stelle, die jahrzehntelang aus dem Verkehrsfunk bekannt ist: Das berühmte Autobahnende der A95 (München-Garmisch-Partenkirchen) bei Eschenlohe...

Da habe ich ja quasi Glück, daß heute kein Stau ist - wahrscheinlich nur, weil es unter der Woche, bedeckt ist und in der Nacht sogar etwas geregnet hatte.

Bei der schwülen Hitze, würde ich ja gerne eine dierser köstlich aussehenden Gumpen mit meinem Beisein beehren, allerdings ohne Seil käme ich da wohl höchsten hinab...

Ob die derartige Nutzung des Geschiebefängers im Sinne des initialen Erfinders ist:

Ich kenne das bisher so, daß man Schotter immer wieder entfernt und nicht das ganze Becken volllaufen läßt.

In Eschenlohe ist man bei den örtlichen Lokalen zumindest mal ehrlich:

Gibt nichts !

Der kleine Edeka-Markt gegenüber des repräsentativen Häuschens hat wenigsten geöffnet und so kann ich mir ein kleines Mittagsmahl für zwischendurch gönnen, wie es auch einige Bodensee-Königssee-Radler handhaben, die ich hier wieder häufiger treffe.

Etwas verwundert bin ich dann allerdings, daß der rahl hier mal sein Unwesen getrieben und es augenscheinlich zu lokalem Ruhme gebracht hat:

Wie sich herausstellt, hat der Neu-Wiener aber NICHT die Kirche gebaut, sondern ein Namensvetter:

Westlich von Eschenlohe biege ich dann fast falsch ab:

Da ich Bauart-bedingt aber keine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h erreichen kann, gehe ich doch lieber mal geradeaus...

Kurz vor einem Bauernhof, kann ich mit den Trekkingstöcken einen (letzten) Wegweiser freilegen. Danach kommt erstmal nichts mehr.

Wobei, das stimmt so nicht: Wenige Meter weiter kommt ein Gatter, das sich nicht öffnen läßt. Die alten hölzernen Querstreben biegen sich und ächzen zwar verdächtig, aber schon aus Trotz nehme ich den Rucksack nicht ab, sondern steige komplett beladen obendrüber.

Pah, könnte ja jeder seine Kühe so versuchen zu schützen. Wo kämen wir denn da hin ?

Der Blick zurück:

Immerhin bleibt es weiterhin trocken...

Der geplante Track meines Vaters führt in vielen, ganz vielen, zu vielen Serpentinen die Forststraße bergauf.

Ich komme mir irgendwie ein wenig vor wie...

Aber ich habe mal Recht: Es gibt den Weg !

Den wunderbaren Weg, der ganz viele der Serpentinen (und einige Höhenmeter) spart:

Wahrscheinlich wollte mich mein Vater einfach testen, trainieren oder sich für meine Zweifel an der Verwandtschaft (siehe Kühe) revanchieren ;-)

Aber den hübschen Wegweisern, die dann just 1,5 Stunden später wie aus dem nichts plötzlich auftauchen, kann man NATÜRLICH auch nicht trauen:

NATÜRLICH geht man hier nicht rechts, sondern links auf bestem und schnellstem Wege nach Oberammergau !

Immerhin die Kinder haben hier klare Anweisungen hinterlassen:

Und weil ich keine Schaufel dabei habe, muß ich meine großen Geschäfte eben immer in der Unterkunft erledigen: Alles nur eine Frage der Organisation.

An der Talstation der Laber-Bergbahn erreiche ich die Ausläufer von Oberammergau.

Das Städtchen sieht ganz gefällig aus...

Aber der Einheimische hat wohl Sack&Pack zusammengesucht und vor den Touristen-Massen das Weite gesucht:

Auch ich gehe über das Zentrum hinaus bis zum westlichen Stadtrand: Dort ist es herrlich ruhig und ich bin direkt am Weg für den Start in den nächsten Tag.

Ursprünglich war mir hier auch die Jugendherberge die Tage empfohlen worden, allerdings war mir das etwas zu heikel: Ich kenne ja jemanden (nennen wir sie der Einfachkeit halber einfach mal "suywen"), die hat hier mit Methoden gearbeitet, die sonst eher MIR - natürlich völlig unberechtigt - zugeschrieben werden !

Das hat mit diesem Zweirad-Fortbewegungsmittel zu tun. Mir dünkt, die Dame wendet ihre Mafia-Methoden nach folgender Verschärfungslogik an:

Stufe 0: Erwähnung (pädagogisch), daß man beim Label Fahrrad-freundliche Unterkunft doch auch für eine Nacht buchen können sollte.

Stufe 1: Drohung, das Schild "Fahrrad-freundliche Unterkunft" kurzerhand vor Ort abzuschrauben.

Stufe 2: Ankündigung einer Anschwärzung bei ADFC, Google & Co.

Stufe 3: Andeutung eines Anrufs beim Finanzamt zwecks Sonder-Buchprüfung.

Siehe auch: Wie das in Oberösterreich so läuft...

Stufe 4: Erwähnung der Hygiene-Aufsicht des Gesundheitsamts (ich kenne da eine aus Oberbayern, die da die Tage in Erlangen quasi ihre Meisterprüfung macht - also da hätte ich schon Respekt bis Schiß !).

Stufe 5: Kontaktierung des Amts-Veterinärs, wenn es das Rindvieh von Herbergsvater/Unterkunfts-Chef immer noch nicht kapiert hat.

Lange Rede, kurzer Sinn: Was kann der gemeine Weit-Wanderer daraus lernen ?

1. Neben Biker-Unterkünften (also Motorrad: Beispiel 1, Beispiel 2) sind auch Radler-Unterkünfte immer eine genauere Betrachtung/Suche wert, da es dort üblicherweise keine Probleme mit Einzel-Übernachtung gibt.

2. Immer Schraubenzieher (oder Schraubendreher für norddeutsche Schweizermesser) dabei haben oder einfach eine der beiden Klingen geeignet abbrechen, falls da mal wieder irreführende Werbung gemacht wird und man Schild als Souvenir - und vor allen Dingen zur Tatsachen-Klarstellung/Beweis-Sicherung -  mitnehmen will.


Begegnungen:

- Karlsruher Felchen-/Saibling-Angler beim Frühstück

- 4 Bodensee-Königssee-Radler

- 2 Bodensee-Königssee-Radler

- 2 Bodensee-Königssee-Radler

- 1 Bodensee-Königssee-Radler

- 1 Eichelhäher


Tag 26: Zurück in der Einsamkeit

Tutzinger Hütte - Walchensee/Obernach
(26,2 km - 740 Hm auf - 1.240 Hm ab)

Der Morgen schaut auch schon wieder gut aus: Die Steinböcke rücken wieder aus ihren nächtlichen Einstehplätzen aus und auch ich mache mich auf DEN Weg (wie damals bei München-Venedig) hoch zur Glaswandscharte rechts am Sockel der Benediktenwand vorbei nach oben:

Im Aufstieg lasse ich das Ehepaar aus Osnabrück passieren: Mit ihren niedlichen kleinen Rucksäcken und voller Elan der geplanten Benewandüberschreitung mit Stahlseilsicherungen im Abstieg sind sie schneller als ich mit meinem Hinkelstein auf dem Buckel.

Nach ca. 200 Hm Aufstieg ist das erste Freuden-/Stroh-Feuer bei den beiden aber augenscheinlich abgebrannt: Mein eingebautes Schweizer Uhrwerk mit dem gleichmäßigen Takt in den Beinen hat sie wieder eingeholt - just vor meiner Abzweigung auf 1.569 Metern.

Wir quatschen noch kurz und ich wünsche ihnen alles Gute, denn für sie geht es jetzt ja nach Osten (weiter bergauf) und für mich nach Südwesten, steil bergab:

Nach einer Weile erreiche ich die querende Forststraße:

Ich kann mich noch gut an 2008 erinnern: Hier hatte ich Christine (die Arbeitskollegin) damals gebeten, doch bitte nicht den steilen (direkten) Wasserfallweg zu gehen, sondern die Forststraßenumgehung hinunter nach Jachenau, um meine Knie am Anfang der Tour zu schonen und keinen Totalausfall zu riskieren.

Das Hinterhältige: Diese Forststraße führte erstmal wieder bergauf.

Der Skandal: Trotz aller Erosion geht es auch 15 Jahre später IMMERNOCH bergauf ! :-o

Im Unterschied zu damals zweige ich aber bald auf einen netten Trampelpfad durch den Wald gen Westen ab.

Irgendwo im nirgendwo dann ein riesiges Kreuz - als ob hier ein Gipfel wäre. Unweit ist allerdings eine Bergwacht(dienst)hütte.

Der erste Teil des heutigen Tages hält viele solche Singletrails zwischen den verschiedenen Almen bereit und nur direkt im Almgebiet gibt es mal kurze Stückchen Almstraßen.

Bewirtschaftet sieht allerdings aktuell keine der Almen aus: Weder mit Vieh, noch für Mensch.

Und Wanderer sehe ich auch nur einen einzigen.

Da muß ich spontan (und weil Pepi meint, ich mache mir immer so meine Gedanken) an die Sache mit den Kühen und den Steilhängen denken.

Ich habe da aus Niederösterreich gleich mal noch ein Foto parat:

Fast 35 Jahre lang, hatte ich ja meinem Vater geglaubt, der mir immer erklärt hatte, daß die Bergkühe Teleskopbeine haben und auf diese Art auch an den steilsten Hängen stehen können.

Dabei weiß doch jeder halbwegs geübte Bergwanderer, wie das mit den Teleskopstöcken so ist:

1. Innenverschraubungs-Systeme: Nach einer Weile nur noch von Stockflüsterern fest zu bekommen (da habe ich zwar gewisse Talente, wende die aber nur bei fremden Menschen/Stöcken an - bei den eigenen wäre mir das gehäuft zu nervig) und spontanes Zusammenrutschen nicht auszuschließen.

Kühe wären schöne Rindviecher, wenn sie sich darauf verlassen würden.

2. Außenverschraubungs-Systeme: Prinzipiell besser (von der Haltbarkeit und Dauerhaftigkeit), allerdings kann man damit leicht hängen bleiben, es ist schwerer und hat jemand von Euch schon mal Kuhbeine mit Außenverschraubungen gesehen ?

3. Bliebe höchsten noch Hydraulik: Das ist aber viel zu Wartungs-intensiv. Und wenn so eine Kuh sich mal an einem Felsvorsprung verletzte und dann die Hydraulikflüssigkeit herausliefe...

Kann nicht sein !

Summa summarum: Ich glaube, mein Vater hat gelogen ! Ich glaube, mein Vater ist ein Märchenerzähler !! Ich glaube, ich bin gar nicht mit ihm verwandt - so fremd wie mir das ist !!!

Nun also mal die ganze Wahrheit für bergferne Norddeutsche (Stefan, jetzt kannst Du noch was lernen !), die bevorzugt schwarzweißes Fleckvieh und Lackenfelder Zebra-Kühe kennen:

Die schlauen Bergbewohner haben über die Jahrhunderte durch systematische Züchtung bevorzugt linke und rechte Kühe herausgebildet (siehe Foto oben !): Die einen haben längere Beine links, die anderen rechts und deswegen gehen sie auch immer parallel zum Hang, denn so eine Kuh ist mit dem hohen Schwerpunkt und der relativ engen Spur sonst schon ein potentielles Umfallobjekt.

Ab und an kommt es dann zu unerwünschten Kreuzungen dieser beiden Typen und es kommt eine Kuh mit kurzen Vorder- oder Hinter-Beinen bei raus: Das sind dann die wenigen, die bergauf oder bergab stehen.

Und dann gibt es noch die untauglichen: Kurze/lange Beine über Kreuz ! - Bei einem derart verzogenen Schrank zu Hause, legt man Keile unter, bei einem Tisch/Stuhl klebt man Bierdeckel zum Ausgleich an die Füße, aber wenn Du das bei einer Kuh machst, die durch das Wasser/den Schlamm watet - keine gute Idee !

Was also tun mit derart Untauglichen ? Logisch: Echt Wiener (Kalbs-)Schnitzel ! - Warum sollte man sonst ein Jungrind schlachten, wenn es erwachsen viel mehr bringt ?

Tja, und deswegen gibt es eben fast nur noch Schnitzel Wiener Art und ein echtes Kalbsschnitzel ist sehr teuer. Alles nur, weil die Züchtung der linken und rechten Kühe so weit optimiert wurde...

Kinder, noch eine andere Sache, was so eine Kuh betrifft: Die funktioniert quasi wie eine Dampfmaschine:

Wasser + Kraftstoff rein, Kraft + klimaschädliche Gase (Methan/CO2) + Abwärme raus:

Und wer sich jetzt fragt, wie so eine Dampfmaschine genau funktioniert, dem sei (pädagogisch neumodisch: Flipped-Classroom-Prinzip) folgendes Erklärvideo wärmstens empfohlen: Da stelle mer uns mal janz dumm.

Tja, auch eine Kuh ist von innen (ohne Licht) betrachtet, ein großer, runder, schwarzer Raum mit zwei Löchern. Logische Wissenschaft kann so einfach sein...

Unglaublich kompliziert kann es aber aktuell sein, unterwegs etwas zu Trinken zu bekommen - diesmal - als tragischem Endpunkt der Suche - an der Jocheralm am Jochberg ist ein Trauerfall dazwischen gekommen:

Gut, daß ich mir prinzipiell immer ausreichend Wasser für die jeweilige Etappe unter Anbetracht der Länge und der Wetterverhältnisse mitnehme.

So steht mir jetzt der Abstieg zur Deutschen Alpenstraße am Kesselberg bevor:

Bei Urfeld erreiche ich dann das Ufer des Walchensees:

Es hat schon fast 30° und nun muß ich noch etliche Kilometer den Radweg an der Straße am See entlang gehen.

Der Weg ist gar nicht so schlimm, allerdings so schmal, daß ich meinen Rucksack immer zur Seite/nach Hinten über die "Reeling" bugsieren muß, damit Radfahrer überhaupt an mir vorbeikommen. Ich habe heute meinen netten Tag und die meisten sind explizit dankbar für den Passierservice - noch dazu kostenlos !

Zwischenzeitlich zweifle ich mal wieder an der Menschheit oder der Existenz von Formen an Resten von Intelligenz:

ICH dachte ja immer, die Klimakleber klebten sich vertikal an Straßen fest ?!

Von horizontalen Anklebungen an Holzstadeln habe ich ja noch nie gehört...

In Walchensee gleich mal am erstbesten (und wie sich im weiteren Verlauf zeigen wird: einzig geöffneten) Lokal zum Boxenstopp abgebogen (ist sogar noch die Empfehlung der Damen vom Tisch an der Tutzinger Hütte) und etwas Brennstoff und Flüssigkeit nachgetankt, denn ich werde etwas außerhalb übernachten, wo es abends nichts geben wird.

Und das halbe Dorf ist sowieo gerade bei einer Beerdigung auf dem Friedhof (evtl. der Trauerfall von der Jocheralm ?), an dem ich just vorbei komme.

Zu Hause hatte ich mich ja schon gefragt, warum die drei mir vorliegenden 04er-Führer des ÖAV alle die Walchensee-Variante des E4/Maximiliansweg nehmen und nicht die Original-Route mit Übernachtung in den Herzogstandhäuser auf dem Hügel oberhalb des Sees im obigen Bild.

Mittlerweile ist mir das klar: Die WUSSTEN bereits vom Wassermangel, der deswegen nun bereits Mitte Juni reduzierten Öffnung auf's Wochenende und daß ich an einem Montag unterwegs sein würde. Wirklich toll, derart kontextsensitiv arbeitende Hilfsmittel !

So, damit habe ich nun zwischen Tegernsee und Walchensee aus zwei Etappen drei Wandertage gemacht und den Salzkammergut-Puffer-Tag planmäßig aufgebraucht.

Mittlerweile halte ich Tegernsee-Brauneck (wenn es nicht gerade Wochenende ist) aber auch gut machbar, wenn man (wie ich) am Vortag bereits über den See fährt und in Bad Wiessee übernachtet und wenn man die Route direkt über den Hirschbachsattel nimmt !


Begegnungen:

- 2 Steinböcke

- 1 Libelle

- 1 Nürnberger Motorrad-Fahrer beim Mittagessen am Walchensee


Dienstag, 27. Juni 2023

Tag 25: Sonntagsspaziergang zum "Weißt Du noch ?"

Lenggries - Tutzinger Hütte
(14,8 km - 1.310 Hm auf - 670 Hm ab)

Als ich von der Jugendherberge durch Lenggries und weiter hinaus zum Fuß des Hausberges Braunecks spaziere, zeigt sich der stahlblaue Himmel völlig verhangen:

Bis zu 17 Gleitschirmflieger zähle ich gleichzeitig vor mir am Himmel.

Dafür ist der Hochseilgarten völlig verlassen und geschlossen:

Und dies an einem Sonntag. Komisch.

Über steile Schottersträßchen führt der Weg an den Skipisten entlang von Nordosten auf den Berg.

Ab und an wird eine Liftstation passiert, an dieser hier stehen sogar einige Schlange:

Bis der nächste Sessel kommt, dürfte es aber noch einige Zeit dauern, wobei ich keine Hinweisschilder entdecken kann, daß Rindviecher von der Beförderung ausgeschlossen wären ;-)

Für die Pisten-Beschneiung im Winter (oder wie die Jahreszeit hieß, wo es früher häufiger mal weiß vor der Tür war) dürfen sie hier aber noch einiges an Wasser sammeln:

Das letzte Stück bis zur Bergstation der Umlaufgondelbahn, welche auch im Sommer die Touristen auf den Berg schafft, ist dann ein Fußweg.

Heute ist natürlich einiges los und auch bergab sind schon etliche unterwegs.

Der Fernblick ist grandios und ich meine sogar Olperer und Gefrorene Wandspitze am Hintertuxer Gletscher in der Ferne erspäht zu haben...

Auch als der Steig immer schmäler wird, ist in Richtung Latschenkopf noch einiges los, auch wenn der Andrang (natürlich) weniger wird, je weiter man sich von der Aufstiegshilfe entfernt.

Ich habe ja nur meine beiden Trekkingstöcke als Aufstiegshilfe und das opulente Frühstück (das Buffet war besser als in manchem Hotel: Hackfleischklößchen mit Rührei gaben schon Energie und sind ein guter Start in den Tag) aus der Jugenherberge als Brennstoff.

Jenseits des Gipfelkreuzes des Latschenkopfs wird es dann zumindest etwas ruhiger.

Ich gehe (mit meinem Hinkelstein auf dem Buckel) natürlich nicht über die Achselköpfe weiter gen Westen, sondern bevorzuge den einfacheren und offiziellen Maximilians-/E4-Weg auf der Nordseite des Massivs entlang.

Hier lauert die größte technische Herausforderung, durch diese BMI-Kontrolle zu kommen, ohne im Filter stecken zu bleiben:

In der Ferne kann ich bereits die Benedigktenwand (kurz "Benewand") sehen, an deren Fuß auf der Nordseite die Tutzinger Hütte liegt, was mein heutiges Ziel der kurzen Etappe ist.

An diesem traumhaften Tag führt mich der Weg am frühen Nachmittag nun noch ein Paar mal auf und ab, bis ich vom Rotöhrsattel die Hütte schon fast erblicken kann.

Dort habe ich noch die Wahl zu einer Extra-Tour über die Benediktenwand obendrüber, aber ich bleibe auf der Nordseite, sonst müßte ich den Weg von der Glaswandscharte hinab zur Hütte am nächsten Tag noch ein Mal gehen.

Auch wenn die Hütte nach dem leidigen und im Ausgang bedenklichen Gerichtsprozeß vor einigen Jahren (ein Betrunkener wollte nachts ohne Licht und ohne die Augen zu öffnen - um danach wieder besser einschlafen zu können - auf die Toilette, wunderte sich noch über den kalten Luftzug und stürzte dann wegen einer fehlenden Absperrung von der Feuertreppe im Freien) einen neuen Wirt hat, präsentiert sie sich optisch ansprechend wie vor 15 Jahren:

Im Juli 2008 war ich hier mit der damaligen Arbeitskollegin Christine zur ersten Hüttenübernachtung auf dem Weg von München nach Venedig angekommen.

Die Einstiegsdroge quasi. 

So begann das sozusagen alles. 

Mit mir und dem Weitwandern.

Eine nun schon 15 Jahre anhaltende, pure Liebes-Beziehung und manchmal Abenteuerreise: Weißt Du noch ?

Nach der kurzen Etappe mit nur fünf Stunden Gehzeit, versuche ich mich erstmal am Rotkäppchenkuchen:

Nun kann ich sagen:

1. Schmeckt lecker.

2. Ist aber KEINE Mohntopfentorte (Menschen aus dem Osten Österreichs wollten mir das immer als ident verkaufen - entweder täuschen die sich oder die Tortenbäckerin hier): Der Boden ist wohl reiner Nußteig, die weiße Zwischenschicht weicher/cremiger und der rote Deckel eher auf Kirschbasis.

Und was mache ich nun den ganzen restlichen Tag ?

Es gibt hier nur ein Fernsehprogramm. Und da laufen eigentlich jeden Tag Wiederholungen. Fast wie eine Endlosschleife...

... aber ich finde es sehr entspannt, dieses Steinbock-Programm:

Könnte ich ewig zusehen !

Irgendwann wird es allerdings zu frisch und die Hintergrundbeleuchtung scheint am Fuß der Benewand auch defekt zu sein, nachdem nach und nach auch das letzte erleuchtende Spotlight ausgegangen war.

Auf der Hütte sind heute nur mehr ca. 25 Gäste über Nacht (am Vortag war sie noch voll) und knapp die Hälfte macht an Hand der Wanderführer-Literatur den Eindruck nach Venedig zu wollen.

Ziemlich spät (nach 19:00 Uhr) kommt noch ein Ehepaar, die mächtig fertig wirken. Ich frage mich erst, wie es denen wohl auf den weiteren, anspruchsvolleren und anstrengenderen Etappen gen Süden gehen wird, bis ich entdecke, daß deren roter Rother-Führer ein "a" nach dem "M" aufweist: Aha, Maximiliansweg-Wanderer und gar keine Venediger. Ich suche das Gespräch mit Claudia und Michael, um die neuesten Nachrichten aus dem Strecken-Funk abzugreifen. Das ist ein Glücksgriff: Daß die Herzogstandhäuser wegen Wassermangel gerade nur am Wochenende geöffnet haben wußte ich zwar schon, allerdings eröffnen mir die beiden darüber hinaus, daß die Hörnlehütte dieses Jahr wegen Umbau gar keine Übernachtungen ermöglicht. Oh, das ist mir neu und wäre eigentlich das Ziel für übermorgen gewesen. Gleich mal eine Umplanung beauftragen...

In der illustren Runde auf der Hütte ist auch noch ein älteres Ehepaar, welche die aus Norddeutschland vor Jahren nach Magnet-München gezogene Tochter besucht hatten und nun auf ihrer ersten Bergtour überhaupt unterwegs sind. Und gleich mit Hüttenübernachtung. Respekt !

Das 10er-Lager teile ich mir gerade mal mit zwei weiteren Personen und eine (kostenlose !) Dusche gibt es (trotz Wassermangels) auch.

Ach, ist das Leben schön, denke ich mir als ich so ziemlich die ganze Karte an alkoholfreien Getränken durchprobiert habe.


Begegnungen:

- 17 Paraglider gleichzeitig am Brauneck

- 1 Bergläufer aus München, der eigentlich aus Mittelfranken stammt

- 1 Steinbock am Fuß der Bene(dikten)-Wand

- 9 Steinböcke am Fuß der Bene(dikten)-Wand

- 2 Mittelfranken auf der Tutzinger Hütte

- 2 weitere Mittelfranken

- mindestens 10 München-Venediger

- Claudia und Michael (Maximiliansweg-Begeher: Füssen - Lenggries in diesem Jahr)

- Ehepaar aus Osnabrück (Tochter lebt seit Jahren in München) auf ihrer ersten Bergtour überhaupt