Samstag, 24. Juni 2023

Tag 21: Wo ist Max ?

Hohenaschau - Nußdorf am Inn
(20,6 km - 1.060 Hm auf - 1.180 Hm ab)

Am Morgen ist es schon wieder richtig warm, denn obwohl Mutter meinte, Donnern gehört zu haben, gab es weder am Vorabend noch in der Nacht ein abkühlendes Gewitter.

Vom Ponyhof starte ich also auf den heutigen Berg - bzw. den ersten Teil davon - zu:

Vorteil heute: Leichtes Gepäck, weil ich mir abends nochmal mit den Eltern Zimmer teilen werde.

Über den "Boarischen Entschleunigungsweg" steige ich auf und über den ersten Bergrücken zur Hofalm auf 970 Metern.

Von dort geht es gen Südwesten erstmal etwas flacher dahin:

Es ist jetzt dort bereits so warm, daß die Kühe sich alle in den Schatten verziehen:

Das ist für mich keine Option, also weiter in den Wald, wo die Sonne zumindest nicht mehr direkt auf mich herunterbrennt.

Dafür haben die oberbayerischen (Nicht-)Markierer mich mal wieder in die Irre geführt: Immer den Schildern über Forstwege gefolgt - sofern existent - und plötzlich auf dem GPS festgestellt, daß ich falsch bin. Ja, wo ist er denn, der Max(imiliansweg) ?

Mmmh, zurückgehen kann ich nicht leiden. Und wenn es nur 100 Metern sind - da geht es um's Prinzip !

Also per Dickkopf 100 Meter quer durch den Wald als die 2x 100 Meter des gleichseitigen Dreiecks...

Fast endet dies am Stacheldraht neben dem eigentlichen Weg, aber das Glück ist ein Rindvieh und sucht seines gleichen: Just an der Stelle, wo ich ankomme, hängt der Draht herunter und ich kann gut drübersteigen...

Auf knapp 1.350 Metern erreiche ich die Riesenhütte der DAV Sektion Oberland (München), die 1963 noch groß erweitert wurde, nun aber seit 2013 leer (da sind wirklich nichtmal mehr Möbel drin !) steht:

Das schattige Plätzchen neben der Tür eignet sich aber perfekt für eine kleine Pause und den Blick zum restlichen Aufstieg des Tages auf DIE Hochries - da war mir ja erst ein Fauxpas unterlaufen und ich hatte das generische Maskulin verwendet (quasi "dar Barch", wie die Franken vielleicht sagen würden), aber Martina, eine Ortskundige Weitwanderin, die ich im letzten Jahr auf der Feldnerhütte in der Kreuzeckgruppe kennengelernt hatte, verpaßt mir da telefonisch am Abend gleich entsprechenden Einlauf. In diesem Sinne schon mal der Hinweis an potentielle Oberfranken-Besucher im Oktober: "uff dera Senningshöh" ;-)

Kurz danach sehe ich tatsächlich - ich traue meinen Augen kaum, aber auch noch so sehr Augenreiben, läßt sie nicht verschwinden - DIESE wundervolle Markierung am Baum:

Note 1 (in Kombination mit Schildern an Abzweigungen) - ich kann es kaum glauben, ringe erstmal mehrere Minuten nach Luft und suche (gedanklich) Ursachen bzw. mögliche Erklärung, wie das (PLÖTZLICH) sein kann.

Ein Blick auf meine 1:50.000-Karten-Ausschnittskopie (doppelseitig, 60-Gramm-Papier) läßt dann ein wissendes Grinsen über mein Gesicht huschen: Aha, ein Zipfel der Tiroler Grenze ist just an dieser Stelle nur wenig mehr als einen Kilometer entfernt. Da waren nachts bestimmt mal Guerilla-Farbpinsler aus dem rot-weiß-roten-Nachbarland unterwegs und haben gleichfarbige Hinweise hinterlassen !

An dieser Stelle ein kleiner Exkurs zu meiner subjektiven Bewertung:

Kein Schild an fragwürdiger Abzweigung: Note 6.

Note 5: Du kommst an eine Abzweigung, es gibt Schilder, aber irgendwie kannst Du trotz Brille NICHTS, aber auch GAR NICHTS lesen:

Note 4: Museumsschilder aus einer Zeit als Schildermacher mutmaßlich im Hauptberuf für die Ritter noch die Wappen auf die Schilde gepinselt haben (gut erhaltenes Beispiel - die meisten sind ja verbeult, ausgeblichen und kaum noch les-, sondern meist besser tastbar, nach Bad Reichenhall):

Note 3: Moderne gelbe Schilder mit relevanten Infos - allerdings in der farbarmen Sparversion (hier zumeist Standard):

Note 2: In der Gegend um Ruhpolding setzen sie dagegen auf farbige Piktogramme, wo auch der Max(imiliansweg) mit purpurner Krone und der E4 mit dem bekannten Europa-Logo sofort, in Sekundenbruchteilen erfaßt ist (und ein einfaches "M" bei jungen Leuten keine - falschen - Assotiationen in Bezug auf amerikanische Franchise-Kette wecken kann):

Diese Schilder in Kombination mit etwas Farbe ab und an an den Bäumen...

Ich meine ja nur ! So von wegen Tourismus-Gebiet und so. Die höchsten Fremdenverkehrsabgaben (teilweise 3 EUR/Nacht) gibt es schließlich auch hier in der Gegend !

Nun aber schnell hoch auf den Gipfel oberhalb der Seilbahn-Bergstation:

Auf der Hochries herrscht reger Flugbetrieb:

Und die Eltern sind auch schon da:

Da gibt es den besten Kaiserschmarrn, was die Apfelmus-Portion angeht - zumindest wenn Du Dir die Portion mit einer Apfel-Allergikerin teilst - halber Schmarrn mit ganzer Mus-Portion ist echt kein Schmarrn, sondern so ganz nach meinem Geschmack einer kleinen süßen Zwischenmahlzeit :-)

Kurz hinter dem Gipfelkreuz beginnt mein langer Abstieg, wo ich das eine oder andere Mal noch mit dem Weg werde hadern müssen.

Das Almgelände mit dem aufwendig sanierten Weg (der Hauptweg auf den Rosenheimer Hausberg war vor einigen Jahren durch Erosionsschäden nahezu zerstört) ist gut zu gehen.

Mmmh, Wildkamera. Das Durchgang-Verboten-Schild davor bezog sich aber nur auf die Zeit bis Ende Mai, also gehe ich erstmal weiter...

Kurz danach versperrt aber Zaun den Weg:

Auf abenteuerlichem Pfad schleiche ich mich an dem Wildgehege entlang und hoffe, nicht ausgerechnet hier im unwegsamen, einsamen Terrain mich zu verletzen: Das könnte übel enden.

Aber letztlich überlebe ich auch diese Herausforderung jenseits des Maximilianswegs und kann mit diesem Gesellen mitlachen:

An einer Abzweigung mit zwei Schilder, beide nach Nußdorf, beide ohne Zeitangaben (nachdem auf dem letzten Schild davor 45 Minuten angegeben waren) entscheide ich mich prompt für den zeitlich deutlich längeren Weg mit Zusatzaufstieg und dafür Kreuzwegstation.

Heilige Mutter Gottes, diese Wegauszeichnung hier in der Gegend... :-(

Steil geht es dann final aus dem Kirchwald (immerhin bin ich nun wieder auf dem Maximiliansweg) hinab in Richtung Tagesziel Nußdorf am Inn.

Am Mühlenweg verbringe ich noch einige Zeit beim Studieren der Erklärungstafeln zu den verschiedenen früheren Mühlen am Mühlbachlauf und treffe noch diese Dame bei anderer Tätigkeit am Wasser:

Kurz danach lande ich auch schon beim Schneiderwirt - der Empfehlung meiner Local Guide aus dem Chiemgau:

Die Eltern waren just vor mir angekommen und das Timing ist quasi unverbesserlich: Mittwochs spielt Musik (weniger wichtig, aber nett) und es ist Grillabend (gutes Essen: SEHR wichtig).

Nach ca. 35 Jahren versuche ich mich mal wieder an einer halben Schweins-Haxe:

Und eines kann ich nur sagen: Sehr lecker war's ! :-)


Das war der 21. Tag ab Wien auf dem Voralpenweg 04 bzw. in Bayern dem Maximiliansweg. Klingt so sanft und lieblich, aber wenn man mal auf die Kennzahlen schaut (560 km, > 21.000 Aufstiegsmeter), so wird denn Kennern klar: Das sind die Charakteristika von München-Venedig (der klassischen Einstiegsdroge für deutschsprachige Nicht-Österreicher) über die Alpen durch's Hochgebirge - allerdings hier in drei statt der vier Wochen bei München-Venedig !


Begegnungen:

- Eltern auf der Hochries

- jede Menge Schwalbenschwänze (sagt meine Mutter - als würde ich diese hübschen Schmetterlinge beim Namen kennen)


5 Kommentare:

  1. Langsam mache ich mir Sorgen. M/V quasi in 3 Wochen, wenn das noch so weitergeht wirst du aufs Alter noch Trailrunner mit 13 kg Rucksack! Chapeau!

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    1. Ach ja, Anonym heisst Grüsse aus dem schönen Kleinstaat in den Alpen der mit L beginnt.

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    2. Iwo: Damit ich nicht abhebe, habe ich ja noch Wasser und Tagesproviant mit an Bord, so daß es am Morgen typischerweise 15,5-16,5 kg sind.
      Und alles quasi nur wegen meiner Ehrfurcht vor den Schweizern !

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    3. P.S.: Zwecks schönem Alpenkleinstaat mit "L": Bin trotz aller Wiedrigkeiten, Alternativrouten und Umplanungen aktuell noch voll im Zeitplan - mal sehen, wie es mit dem schlechten Wetter die Tage zwischen Ammergau und Vorarlberg aussieht/weiter geht.
      Bedeckte Grüße aus Eschenlohe,
      K2.

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  2. Also laut DSGVO muss eine Kamera, die auf öffentliche Wege zeigt, behördlich genehmigt sein, und es muss eine Hinweistafel geben, wo die amtshandelnde Behörde namentlich aufscheint. Vom ÖAV gibt's eine rechtliche Stellungnahme zu dem Thema.
    Diese selbstgepinselten Schilder der Jäger kann ma getrost ignorieren ... :-)

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