Dienstag, 20. Juni 2023

Tag 18: Geh mit Gott, aber geh

Bad Reichenhall - Ruhpolding
(30,4 km - 1.280 Hm auf - 1.090 Hm ab)

Heute steht ein heißer Tag (am Nachmittag werden es 29° sein) und eine - ob Ihrerer Länge und Höhendifferenz - anspruchsvolle Etappe an, die fast nur noch vom Folgetag getoppt wird.

Jenseits des Kurparks überlege ich noch kurz, im Casino die Urlaubskasse etwas aufzubessern:

Allerdings sind deren Öffnungszeiten inkompatibel zu meinem Plan für den Tag.

Tja, nichts mit Glücksspiel-Steuer (Rauchen und Saufen tue ich ja auch nicht, so daß ich derart assoziales Verhalten wahrscheinlich nur noch mit einem frühen Ableben aus meinem Leben werde kompensieren können). Wobei Glücksspiel ja auch nicht mehr das ist, was es mal war: Eine größere Wett-Firma wurde ja jetzt durchsucht und dichtgemacht, weil die über Jahre mit zwei Server-Systemen gearbeitet haben, allerdings nicht zur Ausfallsicherheit, sondern zum Steuerbetrug, denn nur die Geschäfte über den einen Server landeten in der Buchhaltung derart, daß die Glücksspielsteuer an den Fiskus abgeführt wurde.

DIe Österreicher sind auch nicht mehr das, was sie mal waren: Jetzt fragen sie MICH (mitten in der Nacht) schon, was an ihrem Postleitzahlen-System speziell/kurios ist (siehe Kommentare) ! Die Ausnahmen in Wien, um Wien und um Wien herum (UN und Flughafen-Schwechat verletzen ja die Wiener-Bezirkszuschlüsselung) sind dagegen halbwegs sympatisch und besser als bei den Deppen in Deutschland: Wo man in Stuttgart für Milliarden einen Bahnhof mit kaum Mehrwert tiefer als "six feet under" legt, aber Flughafen und Messe systematisch und damit vorsätzlich korrekte Postleitzahl (Leinfelden-Echterdingen) mit falschem Ortsnamen (Stuttgart) benutzen: Ob man die mal wegen falscher Angaben abmahnen sollte ? Oder haben sie's im Impressum evtl. doch heimlich richtig stehen ?

Mmmh, manch (kärntner) Leser mag jetzt evtl. denken, ich möge meine Gedanken doch einfach an AT-1008 schicken, damit hier mal endlich Ruhe ist und die Füße sich wieder bewegen, aber diese größte "Ablage P" in der Alpenrepublik, läßt einen natürlich umgehend darüber grübeln, ob in Österreich Aktenvernichntung generell über unfreie Sendung per Post an jene Postleitzahl funktioniert...

Für den Moment egal, evtl. erhellen mich ja Freunde "von drüben" ;-)

Im Nordwesten von Bad Reichenhall überschreite ich die Saalach bzw. das, was gerade noch von ihr übrig ist:

Anschließend beginnt mein langer Anstieg, wobei das erste Gasthaus am Weg (Listwirt) schon wieder geschlossen ist. - Ja, es sind schwierige Zeiten in dieser Hinsicht.

Nach der kurzen Steigpassage nach dem Listsee gilt es vorerst, einer Forststraße weiter began zu folgen, wo auch viele Radler unterwegs sind.

Ca. 1.040 Meter über dem Meer, dürfen die E-Biker dann aber ihr Gefährt abstellen, der Muli-Steig ist für sie nicht mehr so richtig befahrbar:

Angenehm geht es durch den Wald weiter bergauf...

Auf der Zwieselalm (neben dem geschlossenen Kaiser-Wilhelms-Haus) kann ich dann meinen Flüssigkeitsvorrat nochmal auftanken: Es gibt zwar kein Wasser, aber eine Blubber-Johannisbeer-Schorle kann ich immerhin nach intus kippen, denn der Aufstieg bis auf 1.400 Meter war schon schweißtreibend.

Anschließend geht es über einen Steig durch die Latschen auf und ab und hinüber zur Kohleralm.

Zuweilen sind die Latschen aber quasi auch nur Rankhilfen:

Der Weg zieht sich, aber letztlich komme ich vom höchsten Punkt des heutigen Tages doch noch zur Kohleralm hinab:

Weiter geht es durch den Wald gen Nordwesten bergab...

Gut, daß oben kein entsprechendes Schild am Steig angebracht war, sonst hätte ich mit meinen noch ca. 15 Kilo am Buckel (ein Liter Wasser bereits verbraucht) schon gegrübelt, ob ich nicht auch in die Kategorie "Tragetier" falle:

Immerhin werde ich auch später an einer Straße nochmal mit einem Gleitschirmflieger verwechselt ;-)

Ah, das würde sicherlich auch ein gutes Staugefährt abgeben:

Der Abstieg über lange Wegwindungen, wechselweise Forstraßen bzw. Steige zieht sich dahin und die Wegweiser sind zwar sehr häufig, aber ohne Wegenummern zuweilen auch etwas - sagen wir mal - gewöhnungsbedürftig, wenn man von Österreich so lange verwöhnt war.

Nach der Durchquerung von Inzell (extrem ruhig am heutigen Sonntag), checke ich noch schnell den Ausaperungs-Zustand der örtlichen Skipisten: Keine Schneefelder übrig.

Dann geht es weiter in Richtung meines Tageszeils Ruhpolding, wobei ich nochmal kurz zurückschaue, auf den Hügel, über den ich heute herüber kam:

Im Schatten auf einer Bank habe ich dann noch eine richtige nette Begegnung, als ich mit Schwester Justetia (84 Jahre) über Gott und die Welt ins Gespräch komme:

Da kommt man gerne etwas später als geplant ans Ziel gehumpelt, denn wie heißt es doch so schön (oder so ähnlich, weil ich den genauen Wortlaut/die Quelle gerade nicht finde:

Die Zeit Gottes ist unendlich. 
Deine Zeit ist das, womit Du sie füllst.

Mein linkes Fußgelenk und die Sehne (oh, oh) zwickt seit dem Abstieg nach Inzell etwas, Schuhe anders (fester) Schnüren in Inzell hat noch nicht die große Verbesserung gebracht, aber jetzt sind es ja nur noch sieben Kilometer nach Ruhpolding.

Da riskiere ich mal lieber nichts, schnüre auf einer weiteren Bank im Schatten den Schuh nochmal lockerer und gehe lieber Straße als unbekannte Wege.

In der Peripherie von Ruhpolding geht es dann an einem Golfplatz vorbei bzw. mittendurch (die Warnungen vor tödlichen Gefahren sind einerseits natürlich treffend, andererseits natürlich skurril für einen stark begangenen/befahrenen Fuß-Radweg).

Nach einer heißen Dusche im Quartier ist der Fuß - Gott, sei Dank - wieder ruhig und wird sich auch am Folgetag nicht mehr zu Wort melden: Wenn nur jedem unliebsamen Zeitgenossen so leicht der Mund zu verbieten wäre ;-)

Kommen wir zu den netteren Zeitgenossen: Beim Abendessen schaut Gabi nach einer Sonntags-Rad-Cache-Tour auf einem Schlenker am Heimweg noch in meiner Unterkunft auf eine Habe-fertig-Limonade vorbei - immer wieder nett, wenn man da und dort mal jemanden unweit des Weges kennt und diejenigen dann extra vorbeikommen !

Außerdem muß ich noch von dem wunderlichen Anruf vom anderen Ende der Ostalpen erzählen: Fragen mich doch nicht nur Österreicher zu ihrem Postleitzahlensystem aus, sondern auch Südtiroler Wirtinnen, ob ICH denn wüßte, wie die Verhältnisse an der Gliederscharte (2.644 m) wären und ob da drei Damen wohl am Folgetag drüber könnten. Nun, was soll ich da aus der Ferne zu sagen ? Ich habe über die Damen ja keinerlei relevante Basis-Informationen (Schuhgröße, Alter, Fitnessstand, kompletter Lebenslauf in Tourenberichtsform, BMI,  Ausrüstung, aktuelle Vorge(h)schichte, mentale Belastbarkeit). Ich meine, ein Weltraumaeffchen hat 2017 da in der Gegend schon mal die Telefonseelsorge bemüht und dann einen Nervenzusammenbruch erlitten, aber ich bin mir weiterhin sehr sicher, daß mein damaliger Begehungsalgorithmus - noch dazu ausgeführt auf minimierter Hochleistungs-Duracelli-Hardware - effizient terminiert hätte !

Zurück zur Fragerin am Telefon: Ein Blick auf meine Uhr sagt "begehbar" ! - Auch wenn ich bekanntlich in diesem Frühsommer an Fronleichnam mal NICHT vor Ort war (sollte ich meine diesjährigen Ziele erreichen, wäre das aber natürlich evtl. für nächstes Jahr wieder eine GC-Event-Option ;-). So wie ich Sonja kenne, wird sie den Damen vor Ort aber deutlich abgeraten haben.


Begegnungen:

- 1 Bio-Biker

- 3 E-Biker aus Deggendorfer Gegend, die mich nach Befahrbarkeit des weiteren Weges fragen

- 1 junges Pärchen aus Altötting

- 1 Pinguin

- Schwester Justetia

- Gabi (uhug)


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