Donnerstag, 15. Juni 2023

Tag 13: Von wegen die Hölle friert nicht zu

Feuerkogel - Hochleckenhaus
(16,4 km - 1.110 Hm auf - 1.130 Hm ab)

Nachdem ich mit dem Wirt Christian am Vorabend noch längere Gespräche über den "Österreichischen Reichsfunk" (ORF), Sonderprüfung des örtlichen Finanzamts (drei Tage nachdem er den stellvertretenden Finanzminister Oberösterreichs am Telefon gefragt hatte, ob der Registrierkassenhersteller sein Bruder sei) und die Sinnhaftig- bzw. -losigkeit von QR-Codes für Gäste, die dem Wirt nicht trauen, aber nicht erkennen sollen, daß es sich um Code handelt, starte ich in einen weiteren tollen Tag, wo es vom Feuerkogel gen Westen an die Durchschreitung des Höllengebirges geht.

Kleine (Knobel-)Aufgabe für Technik-Affine, um vielleicht auf der Skala Gefühl, Behauptung, Meinung, Glaube, These, Standpunkt, Anschein, Indiz, Tatsache etwas weiter in Richtung Objektivität zu gelangen: Kann jemand diesen QR-Code entziffern und mir das Ergebnis per Mail zukommen lassen ?

Immerhin mehr als 7.000,- EUR teuer und ich muß - von den vielleicht manchmal etwas impulsiven Aussagen des Wirts abgesehen - bei Gedanken über mögliche Use-Cases/Workflows in Zusammenhang zu Mehrwert schon auch initial leicht zweifeln - erinnert mich ein wenig an die Gematik-Geschichte in Deutschland und den Updates der Konnektoren bei den Ärzten, die sich angeblich nicht updaten lassen - bis c't und CCC all die Hersteller-Märchen im Zwei-Wochen-Takt widerlegt haben ;-)

Zurück in die Natur und fernab aller Theorien in die Praxis.

Hier im Salzkammergut, gibt es gefühlt fast mehr Seen als Siedlungen und Du siehst eigentlich von fast überall immer mindestens irgendeinen:

Nachdem ich den Pensionisten-Slalom (ich um die teils betagten Stangen beim Morgen-Spaziergang nach der Seilbahn-Auffahrt) hinter mir gelassen habe, bin ich recht schnell wieder recht alleine.

Schon bald kommt das erste Schneefeld neben dem Weg.

Höchste Zeit, die Gamaschen auszupacken ! - Sicher ist sicher, denn das schuhsohlentiefe Geläuf könnte heimtückisch sein !

Auf dem Weg zur geschlossenen Rieder Hütte (neueste Nachrichten aus dem Trail-Radio deuten übrigens auf Schließung auch im nächsten Jahr hin, da - so sagt man - Sektion Baugenehmigung vergessen hatte und sich dieses Jahr erstmal darum kümmern müsse) treffe ich eine Alpen-begeisterte Dame aus Mecklenburg-Vorpommern und es hastet ein Einheimischer an uns vorbei, allerdings nicht ohne mir - ungefragt - auf die Nase zu binden, daß er mich beobachtet hat und ich ja ganz falsch gegangen sei - gut, daß er meinen Weg (bei zwei möglichen) anscheinend besser als ich selbst kennt ?!

Erinnert mich irgendwie ein wenig an den bayerischen Bergführer letztes Jahr im tiefsten Italien, wenige Tage nach meinem Start in Verona: Der hat mir ja auch (objektiv absolut korrekt) mitgeteilt, daß ich wie auf Krücken den steilen Weg bergab gekrochen bin, um dann (reichlich subjektiv) quasi noch hinterher zu schieben, daß das so ja gar nicht geht.

Nun, ich war damals immerhin trotzdem lange vor seiner Gruppe und noch trocken am Ziel. Darüber hinaus bin ich dann bis Tolmin noch 1.000 weitere Kilometer erfolgreich weitergekrückt (auch wenn ich mir zwischenzeitlich mal neue "Krücken" besorgen mußte, weil ich mal wieder Verschleiß zu beklagen hatte - aber besser am Material als am Mensch !).

Vor 25 Jahren Diagnose Plicasyndrom im Knie, immer noch keine OP und mit geeigneter Geh-/Krückweise seither ein paar 100.000 Höhenmeter bergab ohne Ausfall am nächsten Tag überwunden. Vielleicht sollte sich mancher vor dem Erteilen von Ratschlägen, erstmal ein ganzheitlicheres Bild der Randbedingungen verschaffen...

Eigentlich wollte ich ja im Winterraum der Rieder Hütte übernachten (dann wäre ich erst am Morgen auf den Feuerkogel aufgestiegen):

Als mir Gert von den ÖAV-Weitwanderern dann aber auf die Frage nach Wasser süffisant mit "gleich nebenan, ca. 1.100 (Höhen-)Meter tiefer" geantwortet hatte (Informatiker-Humor !), habe ich denn doch lieber den Etappenschnitt bereits im Vorhinein etwas angepaßt.

Das potentielle Dominzil schaue ich mir aber trotzdem etwas genauer an, wenn ich schon mal da bin.

Koch- und Heizecke:

Acht geräumige Matratzenlager:

Neben einem kompletten Six-Pack Wasser gibt es sogar noch etwas gehaltvollere Dinge, die allerdings nichts für mich wären:

Und für all das braucht man - wie sogar das Weltraumaeffchen seit 2017 weiß - einfach nur den magischen Schlüssel:

Nach meiner Hausbesichtung die Bude wieder verrammelt und weiter in Richtung Hochleckenhaus...

Die Schneefelder häufen sich, sind aber meist recht harmlos, nur bei diesem mußte man ob der Steilheit und mangels Auslaufzone bei Absturz recht aufpassen:

Von wegen die Hölle friert nicht zu ! - Manche Redensarten gehen zuweilen augenscheinlich wirklich an der Praxis vorbei ;-)

An der 800-Meter-Theorie vom Wirt am Feuerkogelhaus hatte ich ja von jeher so meine Zweifel, diese wurden bereits vorab durch Blick auf die Landkarte bestärkt (tiefer als ca. auf 1.300 Meter sollte ich heute beim Auf und Ab nirgends absteigen müssen) und auch die Realität hält aller Theorie in diesem Sinne stand.

Das befürchtete Sous-vide-Garen im Latschenkiefer-Sud entfällt auch - die Temperaturen sind zu niedrig und das berüchtigte Mikroklima kann sich so nicht entfalten.

Wahrscheinlich ist Berlusconi beim Teufel noch in der Trainee-Phase und es dauert noch ein paar Tage/Wochen bis die Öfen der Hölle auf voller Betriebstemperatur sind (und in allen irdischen sowie sonstigen Medien darüber berichtet wird)...

Der Weg führt durch typische Kalk-/Karst-Landschaften, allerdings sind die Höllenschlünde von Löchern hier nicht so ausgeprägt wie im Steinernen Meer oder den Loferer Steinbergen beispielsweise - da hat sich Gert ganz falsche Sorgen/Hoffnungen gemacht, daß ich darin verschwinden könnte.

Was allerdings schon zur Geländeart paßt: Man kommt zuweilen nur recht langsam voran, da man in gewissen Abschnitten kaum mal fünf Schritte einfach nur voran gehen kann.

Hinzu kommt, daß ich zwei junge Männer im doch sehr langsamen Steil-Abstieg vom Grünalmkogel (1.821 m - höchster Punkt für heute) - mir entgegen kommend - beobachten kann, die eigentlich sehr sportlich aussehen.

Als wir uns so ziemlich in der Mitte der heutigen Tagestour treffen und austauschen, kann ich einerseits erkennen, daß insbesondere in den für mich nun anstehenden 350 Aufstiegsmetern einige Zeit nötig sein wird (Schritt für Schritt, recht steil, teils etwas Kletterei) und andererseits geben sie mir noch eine Selbsterfahrung weiter: Das war ihr erster (und letzter) Klettersteig des Kalibers D/E mit großem Rucksack samt Biwakausrüstung. - Nun, nicht daß ich einen Klettersteig dieser Kategorie ÜBERHAUPT (egal mit welchem Rucksack) für mich auch nur annähernd in Erwägung ziehen würde... ;-)

Die 500 Höhenmeter Abstieg auf der anderen Seite des Grünalmkogels hinab in den Pfaffengraben sind dagegen eigentlich ganz gut zu gehen.

Um so erstaunter bin ich, als mir zu fortgeschrittener Stunde (15:30 Uhr) ein Vater mit seinem Sohn, über den Weg klagend, entgegen kommen: Mir dünkt, ihnen ist nicht klar, was auf der anderen Seite im Abstieg auf sie wartet.

Wenn ich mein Gehtempo als groben Gradmesser heranziehe, schätze ich, daß sie gegen 19:00 Uhr an der Rieder Hütte sein könnten. Das ist auch ihr Ziel, allerdings wissen sie zwar, daß die Hütte zu ist, haben aber keinen Schlüssel für den Winterraum dabei. Komisch: Dem Dialekt nach sind es Nieder- oder Oberösterreicher. Ich überlege kurz, Ihnen meinen AV-Schlüssel gegen 70 EUR Pfand zu überlassen (schließlich hatte mein Vater 50 EUR bei meiner Heimatsektion für mich ausgelegt), entscheide mich dann aber dagegen: Man will ja nicht aufdringlich/besserwisserisch sein und wenn sie sich auf die Seite legen, könnten sie zu zweit auch wie geplant in den Vorraum passen. Ein wenig verwundert bin ich ob der Zeit- und Organsisations-Planung aber schon.

Im weiteren Anstieg und insbesondere im dann für mich folgenden Gegenanstieg zum letzten Übergang des Tages bin ich aber immer erstaunter/skeptischer, was die beiden angeht: Der Weg ist eigentlich ganz gut zu gehen und grenzt teilweise quasi fast an eine Autobahn:

Da bin ich mir mit meiner 19:00-Uhr-Prognose nicht mehr so ganz sicher...

Vom Übergang ist es dann nur noch ein guter Kilometer leicht bergab zum Hochleckenhaus am Nordwest-Zipfel des Höllengebirges:

Ich bin der einzige Übernachtungsgast und lasse es mir bei der Empfehlung des Wirts gut gehen:

Ich hatte schon seit Tagen über Nudeln sinniert und nach dem Apfelstrudel zur Vorspeise ist das echt lecker und sollte die Energiereserven für die zweite Sonderprüfung am Folgetag wieder füllen.

Leider soll es erst ab 08:00 Uhr Frühstück geben. Das ist für mich keine Option. Aber sehr schnell sind der Wirt und ich uns über ein Speckbrot-Thermofrühstück einig.

Man muß nur mit den Leuten (gut) reden !

Der Sonnenuntergang, aus meinem Zimmer betrachtet, ist dann noch recht sehenswert, bevor ich ins Reich der Träume unter einem fantastischen Sternenhimmel des Dachflächenfensters entschlafe...


Begegnungen:

- Christian, der Wirt vom Feuerkogelhaus

- 1 Dame aus Meck-Pomm auf Tagesausflug zur Rieder Hütte

- 1 Bergläufer

- 2 Jungs mit schwerem Gepäck nach Biwak und ihrem ersten (und letzten) D/E-Klettersteig mit dieser Ausrüstung

- Vater und Sohn viel zu spät und ohne Schlüssel auf dem Weg zur Rieder Hütte


8 Kommentare:

  1. Liebe Grüße vom großen See im Westen, den du dieses Mal ja hinten rechts liegen lässt. Viel Spaß und viel Erfolg!
    Late to the party, da im Semesterendspurt...

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    1. Hallo liebe badische Barbara.
      Vorne rechts gedenke ich die badische Badewanne übrigens auch liegen zu lassen ;-)
      Danke für die guten Wünsche !
      Du hast es übrigens in den nächsten Artikel geschafft !
      Die Party dauert (hoffentlich) noch eine ganze Weile, von daher lohnt sich auch das späte(re) Zuschalten.
      Schöne Grüße gen Westen,
      K2.

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  2. Der Sonnenuntergang ist ne Wucht!!!

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  3. Da tragst Gamaschen (und dereinst Steigeisen, wo Du EXTRA eine gletscherfreie Route gebastelt hast!) übern ganzen Kontinent, aber für 2 Stunden zwei Liter Wasser im Rucksack sind sich der Herr zu fein!

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    1. Er verwechselt/vermengt 2014 Graz-Monaco (Gliederscharte: Steigeisen) und 2017 Zentralalpenweg 02K (Gliederferner: LEIDER keine Grödeln).

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