In der Nacht hat es richtig heftig geregnet und auch am Morgen nieselt es noch.
Wenige Meter nach dem frühen Start (Frühstück gibt es im Hostel nicht und alle Bäcker sind in die falsche Himmelsrichtung) ziehe ich denn doch mal die Regenklamotten über.
Am Schloß vorbei bin ich nahezu augenblicklich bereits aus Füssen draußen und im Grünen.
Ein für den Verkehr gesperrtes, allerdings trotzdem asphaltiertes Sträßchen führt gen Westen an kleinen Seen und Freizeiteinrichtungen vorbei gen Westen.
Obwohl ich gerade nur gut 800 Meter hoch unterwegs bin, begegnen mir - ob der optimalen Witterung für die kleinen Racker - jede Menge Alpensalamander.
Normalerweise habe ich ja ein spezielles örtlich-zeitliches Sichtungs-Gruppierungs- und Begegnungs-Erwähnungs-System in meinen Blog-Berichten (siehe auch die Erklärung für begriffsstutzige ungläubige altkatholische Mathematiker-I-nnen).
Heute kapituliere ich allerdings vor der (unheimlich) schwarzen Macht beim Stand von 1-2-1-1(plattgefahren)-1-1-1.
Ich gehe zu einer reinen Seriensichtung unter rein quantitativen Aspekten über.
Nachdem mir die Finger zum Zählen ausgehen, muß ich mir mit meinen Gedächtnislücken etwas neues Einfallen lassen: Eselsbrücken.
Am Alatsee hängen die Wolken immernoch recht tief, allerdings hat es längst zu regnen aufgehört.
In einiger Entfernung sehe ich etwas komisches im See treiben. Nein: Schwimmen. Wie ich später - bei einem netten Gruß - feststelle, schwimmt da kein Seeungeheuer, sondern eine ältere Frau durch den kompletten See.
Respekt ! - Ich bräuchte hier schon wieder eine Fähre ;-)
Nach dem See geht es bergan.
Auf der Saloberalm habe ich sogar die Grenze nach Tirol überschritten, in der Hoffnung evtl. ein verspätetes Frühstück zu erhaschen. Pustekuchen !
Die öffnen erst um 10:30 Uhr - wenn überhaupt.
Eigentlich würden Maximiliansweg/E4 mich nun weiter auf der bayerischen Seite und über ein paar Gipfel gen Nordwesten und weiter bergab nach Pfronten führen.
In Anbetracht des instabilen Wetters, der Nässe und der Rutschgefahr, plane ich aber schnell um und steige lieber auf der Tiroler Seite ins Vilstal ab.
Mein heutiges Alpensalamander-Zählprojekt endet an dieser Stelle bei Udo Jürgens und dem Anfang des Lebens: Sage und schreibe 66 (sechsundsechzig) lebendige (und drei plattgefahrene) schwarze Gesellen habe ich auf diesen paar Kilometern direkt am Weg (und ohne Brille !) gesichtet. Mein - mit Abstand - persönlicher Rekord an einem Tag.
Dort im Tal führt ein Flußradweg (ebenfalls) gen Nordwest gen Pfronten.
Zwischenzeitlich - man mag es am obigen Foto bereits erahnen können - zieht mal wieder Regen auf: Also wieder rein in die Schutzklamotten.
An der Talstation der Breitenberg-Bahn geht es vorbei, wo ich vor vielen Jahren mal mit Freunden aus Coburg auf einer Zwei-Tages-Tour um/am Aggenstein unterwegs war.
Glätteisen, sage ich da nur ;-)
In den Vororten von Pfronten ist der Regen schon wieder vorbei und als ich ein Ehepaar auf der anderen Straßenseite auf einer trockenen Bank unter einem Vordach sitzen sehe, halte ich inne: Aha: Der Mann ißt etwas, was verdächtig aussieht. Daneben ist ein kleiner Dorfladen.
Da mein Hirn nicht mehr mit Alpensalamander-Zählungen ausge-/überlastet ist, zähle ich blitzschnell eins und eins zusammen und baldovere den kleinen Laden aus. Die Beute meines Raubzugs kann sich sehen lassen: Eine Leberkäsesemmel und zwei Halbliter-Packungen Kakao aus der Kühlung (skurril: hier im Allgäu verkaufen sie Berchtesgadener vom anderen Ende der bayerischen Alpen !).
Das Ehepaar, das mich auf den "Geschmack" gebracht hat - und dies an Hand meiner Blicke über die Straße auch bereits frühzeitig registriert hatte - erhält die Anweisung, mir auf der Bank ein Stück Platz einzuräumen und so gibt es doch noch ein Happy End - äh- FRÜHstück :-)
Nicht, daß ich noch zum Hulk/Monster/Alien geworden wäre, wovon gleich zwei in einem Garten kurz danach stehen:
Gen Südwesten führt der Weg nun weiter das einsame Vilstal entlang in Richtung Grenze.
Übrigens, wer es noch nicht wußte: Das Allgäu ist scheinbar das Vorarlberg Bayerns:
Von wegen einheitlich gelbe Schilder des ÖAV/DAV in GANZ Österreich und Bayern...
Auf der Höhe von Jungholz - dem "Stück Allgäu in Tirol" - einer sog. funktionalen Exklave (über den Gipfel des Sorgschrofen ist es zwar prinzipiell mit Tirol verbunden, aber ansonsten komplett von Bayern umgeben und nur von dort praktisch erreichbar) begegnet mir diese wilde Horde:
Ich gehe aber weiter Richtung Süden...
Diese hübschen Allgäuer Kühe im Talkessel der Kälberhofalpe stehen dann schon in Österreich, wie ich hinterher festelle:
Warnungen vor der Grenze kamen nämlich nur fünf Kilometer vorher und erst als mir gelbe Standardwegweiser suggerieren, mich wieder in Gebieten mit Recht und Ordnung zu befinden, schaue ich mal auf die Karte und stelle dies fest.
Übrigens möchte/muß ich mich an dieser Stelle dafür entschuldigen, daß ich Oberbayern als fünftes österreichisches Bundesland auf meinem Weg von Wien nach Westen bezeichnet habe. Dies war eine Beleidigung. Der Österreicher (ich sage nur: Schilder + Wegmarkierungen ! - lustigerweise werden diese beispielsweise in Tirol ja überwiegend von DAV-Sektionen angebracht). Nun, heute, in Tirol (wenn auch nur sehr kurz) habe ich aber wirklich das fünfte Bundesland erreicht.
Nach ca. zwei Kilometern Querung südlichöstlich des Felsklotzes von Sorgschrofen habe ich Tirol aber bereits wieder verlassen und spaziere auf mein heutiges Tagesziel Unterjoch zu.
Dort hat mir mein Vater ein Hotel gebucht, allerdings hadere ich noch etwas mit dem Weg dorthin: Soll/muß ich WIKRLICH den Fußweg am Bach entlang bergab gehen, um's Eck und dann die Straße wieder bergauf ?
Faul, wie ich bin, suche ich nach Optimierungsansätzen: Aha, laut Gebäudegrundriß aus der OSM könnte dieses Gebäude das Hotel sein und der Marker evtl. einige Meter verschoben. Der Zaun sieht übersteigbar und das Gelände dahinter nicht sonderlich Hunde-geischert aus. Also Blick nach links, Blick nach rechts, keiner da und schon stehe ich auf der anderen Seite des Holzzauns, wo sich auch Wegspuren finden.
Ich gehe von hinten auf das Gebäude und geradewegs auf den Wellnessbereich zu.
Alle Leute dort schauen mich völlig schräg bis entgeistert an ! - Komisch.
Es war aber wirklich der direkte Weg. Gut, daß nur von der anderen Seite ein Schild "kein Durchgang" suggeriert. Von wegen !
Als ich dann - mit perfektem Timing: es ist gerade angeheizt - in die leere Saunalandschaft spaziere, denke ich mir: Gut, daß da vorhin auch schon niemand war ;-)
Hier läßt es sich wirklich aushalten:
Da hatte Vater ja mal wieder ein gutes Händchen. Besten Dank !
Begegnungen:
- 1 Reh
- 66 Alpensalamander + 3 plattgefahrene
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