Tag 33: Das war der vierte Streich...

Staufner Haus - Bödele/Schwarzenberg

(30,9 km - 960 Hm auf - 1.430 Hm ab)

Das Frühstück ist für 15 Euro wirklich mau: Ich bekomme nichtmal einen schwarzen Tee (nur Kräutertee), es gibt nur rote Erdbeer-Marmelade (Kirsch, Himbeer, Blaubeer, Brombeer, Johannisbeer, Pflaume, Zwetschge, ... wäre ja alles akzeptabel gewesen), kalten Käse (nicht so mein Ding), Trinkwasser zum Mitnehmen kostet nochmal extra und als ich kurz vor Butterbrot-Konsum am Buffet ende, finde ich immerhin noch Müsli (gibt wenigstens Kraft) und der Rote-Beete-Humus-Aufstrich klingt ja noch halbwegs interessant, also auf einen Versuch:

Leider fehlt da irgendwas mit Geschmack. Wie wäre es mit Zwiebel, Schnittlauch, Gewürzgurke, was auch immer für ein Gemüse oder Kraut ? Mmmh, ziemlich mau alles :-(

Hätte ich das gewußt, hätte ich mir am Vorabend noch drei dieser leckeren Stückchen Kuchen gesichert und einen Tee mit Milch bestellt. Der wäre zwar zum Frühstück mutmaßlich kalt gewesen, aber besser als so...

Das trübe Wetter paßt zu meiner Stimmung.

Der steile Bergab-Parcour auf Rasengittersteinen ebenfalls:

Unterhalb der südlichen Lauchalpe wird der Weg dann aber besser begehbar.

Über einen Forstweg nähere ich mich der Grenze zu Vorarlberg und siehe da - bereits fünf Meter VOR der Grenze waren augenscheinlich österreichische Markierungs-Partisanen tätig:

Ha, 204: 2er-Gebirgsgruppe, WWW04 - Voralpenweg. Mir kommen fast die Tränen vor Freude. Hier fühl ich mich wohl. Da bin ich zu Haus.

Schluß mit (unterdurchschnittlichem) Oberbayern !

Mist, daß ich keiner Landtagspartei nahestehe, sonst hätte ich evtl. den Antrag einer Umbenennung in das treffendere "Unterbayern" einreichen können. Und darauf bilden die sich allen Ernstes etwas ein ? Also selbst MIT Atommüllendlager würde ich da ja lieber in den Frankenwald gehen...

Also die Freunde im Chiemgau werde ich schon noch besuchen (dann sind die ja für die Orientierung zuständig/haftbar zu machen ;-) und die Nagelfluhkette werde ich sicherlich auch mal bei schönem Wetter "obenrum" begehen, aber ansonsten habe ich mutmaßlich genug von diesem Südbayern auf Mehrtagestouren gesehen und kann künftig lieber irgendwohin fahren/gehen, wo ich mich weniger über Faulheit und Dilettantismus der Zuständigen/Verantwortlichen ärgern muß.

Als kleinen Zeitvertreib zähle ich nebenbei die Markierungen an Bäumen, Scheunen, Dachrinnen, Pfählen, ... für die restlichen 20 Kilometer des heutigen Tages, um am Ende festzustellen, daß es alleine auf diesem Wegstück mehr Markierungen gibt als auf den 375 Kilometern durch Bayern davor in Summe (ca. 95% davon wiederum um die Tuztinger Hütte).

Heute habe ich zwar viel Asphalt zu gehen, aber der Weg, den mein Vater mir geplant hat, ist echt abwechslungsreich.

Da geht es mal durch ein Sägewerk...

... durch den Wald...

... über Wiesen (auch wenn ich den Sinn DIESES Drehkreuzes noch nicht zu 100% verstanden habe)...

... ein wenig bergauf...

... und dann steiler bergab auf ein weiteres Highlight zu.

Davor allerdings noch ein (Kalk-)Tuff-Hang (gibt es hier in der Gegend wohl häufiger, daß Kalk aus dem Wasser ausgefällt wird und alles mögliche überzieht):

Nachdem ich im Spar in Hittisaus erstmal eine Leberkässemmel, eine Banane und einen Liter Kakao verinnerlicht habe, bin ich nun auch wieder größeren Herausforderungen gewachsen.

Im Tal nach Lingenau wartet nämlich eine Drahtseilbrücke auf mich:

Hui, geschwankt in alle Richtungen hat sie schon. Aber hat Spaß gemacht.

Die Freude ist in Vorarlberg, meinem sechsten österreichischen Bundesland seit Wien, zurück :-)

Als ich so durch Egg spaziert bin und nochmal zurückblicke:

Denke ich mir: Ja, man sollte die Kirche WIRKLICH im Dorf lassen !

Vor längerer Zeit hatte ich diesbezüglich wegen der Klimakleber hier ja mal entsprechend sinniert und wie ich dann später herausfand, war ich da nicht der einzige. Auch wenn das Original-Interview leider nicht frei zugänglich ist, so wurde der Tenor des Nicht-Sängers doch auch breiter kommuniziert: Andreas Voßkuhle hatte sich wortgleich zu dieser Sache geäußert !

"Andreas wer ?", mag der eine oder andere Österreicher/Schweizer denken. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Andreas Voßkuhle war für die vorgesehene Amtszeit von zwölf Jahren Richter am Bundesverfassungsgericht (übrigens nach österreichischem Vorbild konstruiert) - davon 2010-2020 als Vorsitzender des 2. Senats, dem - mit großem Abstand - in Umfragen am höchsten angesehenen Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland.

Allgemeine Info an alle Weitwanderer: Ich hoffe, nie (selbst) den Gang nach Karlsruhe antreten zu müssen und kann auch allen anderen generell davon abraten: Das dürfte der lange Weg weltweit mit der schlechtesten Erfolgsquote sein: Nur ca. 2,5% kommen da im Mittel ans Ziel.

Nett finde ich es aber ab und an, wenn der BGH/das BVG in Karlsruhe oder das BAG in Leipzig meiner Rechtsauffassung folgen ;-)

Gott sei Dank, bin ich nur ein einfacher Computerfuzzi und daß Software voller Fehler ist, gehört längst zum Allgemeingut und das nimmt einem niemand (mehr) übel.

Kommen wir zurück auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben:

Nur nicht die Markierungen wie der Erzfeind von nebenan (Tirol) ausführen: Wenn schon die gleichen Farben, dann zumindest invers weiß-rot-weiß statt rot-weiß-rot - die Vorarlberger bringen mich schon auch zum Lachen.

Etwas weniger amüsiert bin ich, als an einem Wegweiser neben meiner Pausenbank in der Sonne, der als Tagesziel ausgegebene Ort Schwarzenberg mit 45 Minuten auswiesen ist, laut meinem GPX-Track am GPS aber noch 4,5 Kilometer Wegstrecke offen sind. Ein genauerer Blick offenbart, daß mein Vater mich schön drangekriegt hat: Mein Quartier ist in einem Ortsteil auf dem Paß deutlich oberhalb. 300 Aufstiegsmeter kommen auch noch dazu.

Das wäre ja alles gar kein Thema, hätte ich nicht kurz zuvor Zeitplan per SMS an den geplanten Abendbesuch durchgegeben.

Da komme ich nochmal ganz schön ins Schwitzen, bin aber sogar fünf Minuten vor meiner Prognose in der Unterkunft.

Nachdem mir Alex - ein München-Venedig-Wanderer aus dem Allgäu aber sowieso noch 30 Minuten Dusch-Kulanz-Zeit eingeräumt hatte, kann ich mich noch entspannt der Re-Menschlichung widmen.

Eigentlich.

Die Dusche in meiner Suite (kein Scherz !) ist nämlich eine rechte Herausforderung (kein Scherz !). Da brauchst Du eigentlich eine zweite Person - zwingend RechtshänderIn (kein Scherz !), die auf dem Klo sitzend (kein Scherz !), die Bedienung des Mischhebels übernimmt:

Von dem Fehlkonstruktions-bedingten See, der sich auf/unter/um den Mülleimer am Ende der Dusche gebildet haben wird, ganz zu schweigen: Die Glasabtrennung ist ja nett, aber wenn sie fünf Millimeter über dem Wannenrand endet, geht das Wasser seinen Weg (es muß nichtmal suchen/finden)...

Also ich Frage mich manchmal, ob Innenarchitekten/Installateure/Hotelbesitzer jemals ihre "Glanzleistungen" selbst benutzt/getestet haben. Ich bin ja kein großer Praktiker, aber so ein klein wenig gesunder Menschenverstand - zumindest theoretisch...

Alex (GC: aheppis) ist Dosensuchen-bedingt ein wenig verspätet, so daß meine obligatorischen fünf Minuten gar nicht auffallen. Wir quatschen dann eine ganze Weile, obwohl wir uns vorher noch nie getroffen hatten, aber er ist einer von diesen seltsamen Menschen, die GC1FPN1 auf die Idee brachten, mal über die Alpen zu wandern und wo dies der Einstieg...

Naja, Ihr wißt schon, bei mir hat es 2008 ja auch damit angefangen und dann kommt man einfach nicht mehr davon los. Keine Macht den Drogen !

Vielen Dank für Deinen Besuch, Alex, guten Flug und viel Erfolg für Dein München-Gardasee-Projekt ! Man sieht sich und wie Du festgestellt hast, ist (das) Stein nur 250 Kilometer entfernt...

Das war der vierte Streich.
Und der fünfte folgt zugleich...

Begegnungen:

- 3 Graureiher

- 1 stoffeliger Fernwanderer in Flipflops

- 1 ältere Mehrtageswanderin mit medizinischem Gerät

- 1 Milan

- 1 Milan

- Alex (GC: aheppis), ein München-Venediger abends zu Besuch aus dem Allgäu