Die Eltern setzen mich am Morgen natürlich wieder genau dort ab, wo sie mich am Vortag getroffen und später mit zurück zum Quartier genommen hatten:
Für sie geht es heute auf Umwegen wieder nach Hause für mich dafür auf direktem Wege gen Westen erstmal quer durch's Inntal.
Der Namensgeber ist hier schon ganz ordentlich breit:
Kurz danach kommt schon die nächste breite Nord-Süd-Achse, wobei hier kein Wasser, aber ausnahmsweise der Verkehr problemlos sowohl gen Kufstein als auch gen München (über das Inntaldreieck) fließt:
Nach einigen Kilometern habe ich nach den Ortsteilen von Brannenburg das breite Inntal endlich durchschritten und es geht bergauf noch an einigen Höfen, Weilern und Sankt Margarethen vorbei.
Einen Blick auf Talstation der Zahnradbahn auf den Wendelstein kann ich nicht erhaschen, aber später sehe ich die Bahngleise manchmal zwischen den Bäumen unter mir liegen oder nutze eine Unterführung, um auf die andere Seite der Strecke zu kommen.
Vor weit über 100 Jahren wurde diese Bahnstrecke ja als erste in den Bayerischen Alpen auf einen Gipfel gebaut und der unnachgiebige Bauherr und Investor hatte sich in den Kopf gesetzt, gleich eine Sommer- und Winter-taugliche Variante umzusetzen: So führt die Strecke weiteroben durch die Steilwände statt über Lawinen-gefährdete Almen, wo der Bau allerdings, leichter gewesen wäre. 30 Tonnen Sprengstoff wurden wohl alleine in die handgebohrten Sprenglöcher von den Gastarbeitern aus dem Ausland verbracht und die Tunnel, Galerien und Trassenabsätze in den Fels gesprengt.
Die Hitze ist heute extrem. Selbst im Wald rinnt der Schweiß nur so herab.
Da bin ich froh, an dieser Stelle mal an den richtig kalten Gebirgsbach herankommen zu können, um mal Gesicht, Hände und Handgelenke abzukühlen.
Puh, DAS tut gut, wobei ich die Hände relativ rasch wieder aus dem Bach nehmen muß, denn das Wasser ist so klat, daß sie mir fast abfallen.
Plötzlich nehme ich eine Bewegung auf der anderen Bachseite wahr: Ja, was ist das denn für ein lustiger kleiner Geselle, der da wie ein völlig überladener Radlader sich immer nur 3-4 Steine am Stück fortbewegen kann und mit der fetten Beute quer im Maul permanent droht, vorne über zu kippen ?
Ich schaue dem Räuber fasziniert zu und später recherchiere ich, die in Frage kommenden Raubtiere: Steinmarder, Baummarder, Mauswiesel.
Es war eindeutig ein Mauswiesel !
Die kleinen Racker greifen auch deutlich größere Beutetiere an und erledigen sie gezielt mit Biß in den Hals.
Sollte also jemals ein Duracelli-Häschen hier vorbei gehen, so empfehle ich DRINGEND das Mitführen von 2-3 großen Hunden/Hündinnen zur Abschreckung, nicht daß der (kleine) Geselle sonst (große) Beute wittert !
Kurz danach wird in der Nähe des Bahnhofs Aipl auf knapp 1.000 Metern ein letztes Mal die Bahntrasse gequert:
Ab 11:00 Uhr werden mir Hütten/Almen/Gasthöfe mit 60 Minuten Gehzeit angekündigt. Alle 45 Minuten. Ich freue mich also permanent, demnächst etwas mit Geschmack zum Trinken zu bekommen und habe schon einen Liter Johannisbeer-Leitung und drei Minuten später weitergehen eingeplant.
Aber ein um's andere Mal endet die Geschichte in einer Null-Nummer: Hütte links oben (75 Höhenmeter weg vom Weg), Alm fünf Minuten weiter (aber nichts bewirtschaftetes zu finden), Alm 500 Meter weg von Route (aber schon aus der Ferne als zu zu erkennen), Bad Aiblinger Hütte nur am Wochenende bewirtschaftet (wir haben Donnerstag) und der ganze restliche Almboden sieht alles reichlich privat/zu aus, im Gegensatz zu den Versprechungen auf der Landkarte :-(
Ich blicke hinüber auf den Normalweg von Norden zur Zeller Scharte (da steigt gerade eine Wandergruppe auf) und die Trasse der Zahnradbahn an dieser Stelle:
Für mich geht es heute nicht über den Gipfel, sondern auf ca. 1.500 Metern zur Westwand des Wendelstein.
Selbst in dieser Höhe hat es heute 32° !
Es ist schwül, mir klebt das T-Shirt mal wieder nur so am Leib und es sind schwere Unwetter angekündigt.
Ich will bis zum Abstieg also nicht zu viel Zeit liegen lassen, aber eine kleine Pause im Schatten an einer verlassenen Hütte und die Nutzung der Quelle in der Nähe der Westwand müssen sein: An der Quelle fülle ich meine leere Trinkflasche mit eiskaltem Wasser. Allerdings keineswegs zum Trinken, sondern um mich im Gesicht und an den Handgelenken erneut herunterzukühlen.
Oaaah, das tut gut !
Dann lasse ich die Westwand des Wendelsteins hinter mir und steige ab zu den Durnamer Almen (auch nichts offen) und gegenüber wieder hinauf zur Scharte, wo sich die Talstation der Versorgungsseilbahn der Hubertushütte befindet.
Von dort ist es hinunter zur Kesselalm nicht mehr weit. Endlich eine Hütte mit Fahne draußen und ich freue mich auf etwas zu Trinken:
Und dann DAS:
*argh*
Also unverrichteter Dinge gleich weiter ins Tal absteigen. Die Reste meiner Wasservorräte sollten gerade so langen.
Dann komme ich an einer dieser Mitfahr-Bänke vorbei: Dort sitzen zwei Damen und halten die Daumen raus.
Ich bremse, blinke und fahre rechts ran: Die beiden wollen ins Tal. Ich nehme Tanja und Annemarie gerne mit ;-)
Den ganzen Abstieg gehen wir zusammen und ratschen über alles mögliche (Tanja ist sogar Geocacherin und deutet auf Dose am Fuß einer Kletterwand am Weg - aber der faule Kerl... - naja, ihr wißt schon ;-)
Kurz vor Fischbachau, an einer Abzweigung muß ich mal kurz schauen, denn der Original-Track geht nach rechts und die beiden Damen müssen zum Parkplatz nach links, aber augenscheinlich ist mein Quartier auch auf dieser Seite.
Als wir zu den ersten Häusern kommen, aktiviere ich mal die Navigation und bin überrascht: In 90 Metern habe ich mein Ziel erreicht.
Tanja und Annemarie lustigerweise auch: Ihr Parkplatz ist gleich um's Eck von meiner Unterkunft.
So verabschieden wir uns:
Vielen Dank an Euch beiden für die nette Gesellschaft im Abstieg ! - SOLCHE AnhalterInnen nimmt man doch jederzeit gerne mit.
Der Oberwirt bietet aktuell nur Übernachtung und keine Küche. Die Chefin meint, das sei aber kein Problem, gleich ein paar Häuser weiter, würde ich etwas (kleines) bekommen, denn von Birkenstein ganz hinunter ins eigentliche Dorf Fischbachau mag ich wegen der Gewitter-/Unwettergefahr nicht gehen.
Nun, der geneigte Leser wird sich bereits denken können, wie diese Geschichte an jenem Tag ausgeht...
Klar, Donnerstag (= heute) Ruhetag :-(
Begegnungen:
- 1 Milan
- 1 Mauswiesel mit fetter Beute
- Tanja (ursprünglich aus Osnabrück) und Annemarie (ursprünglich aus Dänemark)
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