Montag, 24. Juli 2023

Tag 54: Ohne Freddie Fähre fahren

Haut-de-Caux - Montreux - Saint Gingolph - Novel
(11,7 km - 570 Hm auf - 800 Hm ab)

Am frühen Morgen toben Gewitter und Unwetter mit Starkregen.

Da drehe ich mich im Bett gerne nochmal um: Frühstück gibt es heute sowieso erst ab 08:00 Uhr.

Als ich um 09:15 Uhr abmarschbereit bin, sieht die Welt schon gar nicht mehr ganz so übel aus.

Schnell noch das Riveria-Ticket sichern (wenn man schon 6 CHF Kurtaxe zahlt) und dann geht es an den Abstieg.

Straßen und die Route der Zahnradbahn quere ich eigentlich immer nur - dafür unzählige Male.

Je tiefer ich komme, um so wärmer wird es und ich bereue (ob der extrem schlechten Wetterprognose), heute extra mal die Beine an die Hosen geschraubt zu haben.

Näher und näher komme ich dem Teil von Montreux mit Bahnhof und Hafen, von wo ich per Fähre auf die Südseite des Sees übersetzen möchte (schlechter Schwimmer ! - you know...).

Laut am Vorabend geprüftem Fahrplan kommt für mich das Boot um 10:32 Uhr oder um 12:32 Uhr in Frage.

Just als um 10:29 Uhr das Schiff einläuft, erreiche ich den Anleger.

Mmmh, jetzt gilt es schnell entscheiden: Ticket kaufen oder Freddie besuchen.

Ene, mene, muh und raus bist Du !

Sorry, Freddie (der hier neben München eine sehr lange sowie produktive Zeit außerhalb Großbritanniens verbrachte und auch seine letzte Zeit: aus den wie wild bis zu seinem Tod noch generierten Schnipseln wurde posthum das Album "Made in Heaven" - wie passend), Du bist schon lange tot und so gerne ich Queen-Musik höre und seinem Abbild für eine Foto-Session bei sich bietender Gelegenheit einen Besuch abgestattet hätte (Koordinaten extra noch am Vorabend ins GPS eingegeben): Ich entscheide mich für sofortige Überfahrt, um späteren Unwettern vorzubeugen.

Quelle: Wikipedia

Apropos Unwetter: Ungemach in Montreux inspirierte ja auch andere Musik-Größen (Deep Purple) zu einem sehr bekannten Song: Smoke on the Water.

Heute steht das Casino aber noch, als ich auf den nicht verrauchten See (Kinder, Signalpistolen immer nur im Freien verwenden !) hinausfahre...

Ich kann nichtmal mehr ein Ticket an Land erwerben, schon werde ich auf's Schiff geschickt, was mit Schweizer Pünktlichkeit ad-hoc lostuckert.

In aller Ruhe dann noch Billett an Bord gelöst und dann entspannt zurück geschaut:

Ratz-fatz entschwinden die Berge:

Mit voller Fahrt laufen wir bald schon auf Saint Gingolph zu, während ich immer noch rückwärts blicke... 

Und so langsam muß ich mich - mit dem Schiff - auch schon an das Entschwinden der Schweizer Flagge gewöhnen, die jetzt 2,5 Wochen sehr präsent war... 

Und nu ist es weg...

Zeit, den Blick auf neue Ziele zu richten: Über einen Steg am Seeufer überquere ich den Grenzfluß in die siebte Alpennation (von insgesamt acht) Frankreich.

Selbst wenn man nur meinen Spaziergang ab Wien betrachtet, sind wir nun bereits im fünften Land angelangt.

Höchste Zeit die Schweizer Franken wieder tief zu verpacken und die Euros rauszukramen...

Direkt am See habe ich nun wieder eine Null-Marke erreicht: Nein, KEIN persönlicher Tiefpunkt, sondern vielmehr der Start in den GR5 (eigentlich - französische - GTA, die nur ein Teil - aber der bekannteste - des GR5 ist:

Langsam wird mir Angst und Bange: Nichtmal mehr 600 Kilometer - ich kann das Mittelmeer plötzlich fast schon riechen...

Aber keine Angst: Ein paar Hügel haben die Modellierer der Alpen schon noch für mich (und für die geneigten Leser) hier im Westen aufgefaltet.

Mein Blick geht, über den Grenzübergang für den motorisierten Verkehr hinweg, hinein in die Berge hier am Südufer des Genfer Sees und die Wolken verheißen nichts Gutes...

Wie vor einigen Tagen, auf dem Weg von Lenk nach Gstaad, wende ich aber auch heute wieder eine bedachte - im wahrsten Sinne des Wortes - Strategie an und sitze - ebenfalls wörtlich - eine Stunde Regen laut Regenradar in diesem netten (und vor allen Dingen trockenen) Pavillion aus und schreibe am Blog - sehr zur Verwirrung mancher treuer Leserin, ob der Veröffentlichungszeit:

Ich bin natürlich immer völlig berechenbar, aber manchmal vielleicht doch noch für Überraschungen gut: Ausnahmen bestätigen eben die Regel.

Der Vorteil von Variante 3 - meines wiederum anderen Etappenschnitts als vorgegeben bzw. von mir vorab geplant: Ich kann heute noch 550 Aufstiegsmeter bis Novel gehen und damit die extreme Etappe des Folgetags entschärfen.

Durch den Wald - mutmaßlich auf der früheren Zufahrtsstraße - spaziere ich bergauf, immer am (Grenz-)Fluß entlang, die Schweizer Seite also meist im Blick.

Apropos Blick: Lange Zeit begleitet mich ein Hochseilgarten, wobei ich mich frage, wann der zuletzt benutzt wurde, denn manche Installationen sehen schon etwas mitgenommen aus - obschon sie noch da sind ;-)

Der Regen ist schnell der Sonne gewichen: Damit hatte ich heute ja gar nicht (mehr) gerechnet.

Nach einiger Zeit erreiche ich die Fahrstraße, die hoch nach Novel führt, allerdings muß man dieser nur wenige Meter folgen, bis rechts Wiesenweg abzweigt und weiter führt.

Auch südlich des Genfer Sees gibt es natürlich Berge - wäre ich sonst hier ? ;-)

Woran man (trotzdem) (unmittelbar) merkt, daß man nicht mehr in der Schweiz ist ?

Dumme Frage, odrrr ?

Das Provisorium an der Absturzstelle sieht nicht von gestern aus und auch nicht so als wäre jemals eigentliche Reparatur zu erwarten.

Der Schein des Himmels trügt etwas...

... ich erreiche um 14:15 Uhr meine heutige Unterkunft, aber Einlaß ist erst um 16:00 Uhr und PÜNKTLICH um 15:59 Uhr beginnt es zu Gewittern.

Puh, nochmal Glück gehabt.

Vor Ort treffe ich auch auf Andrea (ehemalige Lehrerin), die im Mai zu Hause in Stuttgart losgelaufen ist und bereits kreuz und quer u.a. auf der Alb, im Schwarzwald und im Jura unterwegs war, bevor es für Sie heute von Lausanne nach Saint Gingolph ging und dann im Speed-Aufstieg hierher, um nicht ins Unwetter zu kommen. Sie wird nun auch auf dem GR5 parallel zu mir unterwegs ein...


Begegnungen:

- 1 französischer GR5-Wanderer in Saint Gingolph, der am nächsten Tag starten wird

- 1 Eidechse

- Andrea, im Mai in Stuttgart an der Haustür losgelaufen und nun auch auf dem GR5 unterwegs

- Familie aus der Schweiz


1 Kommentar:

  1. Gratuliere zum erfolgreichen Abschluss der Via Alpina 1 und Start des letzten Streichs (Anna)

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