Tag 45: Gestählte(r) Körper ?

Grindelwald - Lauterbrunnen

(22,2 km - 1.170 Hm auf - 1.420 Hm ab)

Am Morgen mache ich mich von Interlaken West über Interlaken Ost (wo ich mich am Bahnsteig mit Martina treffe) zurück auf den Weg nach Grindelwald.

Vom Bahnhof Grindelwald wollen wir heute zusammen über die Kleine Scheidegg hinüber nach Lauterbrunnen spazieren.

Bereits früh am Tag ist es ordentlich warm, so daß wir beide jeden Wassertrog mit kaltem Wasser nutzen, um kühlen Kopf zu bewahren: Verdunstungskälte ist schon ein geniales (weil einfaches) Prinzip.

Martina hat mir ja einiges voraus: Damit meine ich nicht nur meinen Neid auf ihren kleinen Tagesrucksack heute oder ihre vielen Reisen und Wanderungen auf der ganzen Welt, nein, sie hat auch bereits den Geocache Graz-Monaco gefunden !

Wir kennen uns über Ania (weltraumaeffchen) aus Wien und heute hat sie sich extra die Zeit genommen, mich als Local Guide einen Tag zu begleiten.

Vorteil: Vier Augen sehen mehr als zwei und so tun wir uns gemeinsam leichter in der Ausweichnotwendigkeitsdetektion bzgl. entgegen kommender Trail-Runner (heute ist ja seit 04:00 Uhr morgens der große Eiger-Ultra-Trail-Tag) oder Radfahrer im Rücken.

Die Berge zeigen sich wieder von ihrer besten Seite und ab und an werfe ich noch einen Blick zurück, auf den gestrigen Übergang, die Grosse Scheidegg:

Kurios dabei: Auch die Schwiizerin kann mir nicht erklären, warum die Große klein heißt und die Niedrigere sich groß schimpft.

Apropos zurückblicken: Bereits am Vortag habe ich ja viele sehr dünne Menschen mit gestählten Körpern gesehen, aber auch wenn ich das irgendwie von mir nicht gerade sagen würde, hege ich nun doch gewisse Skrupel wegen meiner Unfallflucht gestern: Nachdem meine Eltern mir noch am Vorabend (fälschlicherweise) ein farbenfrohes Spektakel auf der rechten Pobacke für den heutigen Blick in den Spiegel prophezeiten - wo ich beim gestrigen, unqualifzierten Abflug im leichten Gelände unsanft auf Steinblock gelandet war - mache ich mir dagegen langsam etwas Sorgen, ob mich der Anwalt des Felses evtl. doch noch ermittelt und wegen Sachbeschädigung drankriegt :-o

Wenn ich weiter so grüble, habe ich demnächst noch Denkerfalten auf der Stirn...

Ebenso unglaublich: Auf dem Rotstock (2.663 m) im Vordergrund des Eigers war ich schon bei meinem letzten Besuch hier in der Gegend, in dem ich den Eiger-Rotstock-Klettersteig mit direktem Blick auf die Seilschaften in der Nordwand (früher auch "Mordwand" genannt) zum Cache hochgegangen war.

Am frühen Nachmittag erreichen wir die Kleine Scheidegg (2.061 m), wo die Zahnrad-Bahnen aus Grindelwald und Wengen enden und jene durch den Eiger hoch zum Jungfraujoch startet.

Das Dreigestirn Eiger, Mönch und dann rechts davon die Jungfrau ist schon imposant !

Bei bestem Wetter mit bester Laune verewigen Martina und ich uns noch in der Foto-Gallerie und gehen dann munter weiter quatschend auf der anderen Seite bergab.

An der Szenerie kann ich mich mal wieder gar nicht satt sehen:

Ein ganzes Stück bergab, kommen wir an einen Wendepunkt der Langstrecke des Eiger-Ultra-Trails: Hier kommen die Läufer vom Lauberhorn herab und werden von Streckenposten persönlich in die 180°-Kehrte eingewiesen, angefeuert und sofort wieder bergauf in Richtung Kleine Scheidegg geschickt:

Die Spitzenläufer sind uns wohl kurz vorher bereits entgegen gekommen in ihrem letzten Anstieg, bevor sie auf der anderen Seite "nur noch" die 1.000 Höhenmeter bis Grindelwald hinab müssen.

Bis nach Mitternacht werden die Streckenposten hier noch ohne Ablösung stehen und für die schwächeren Teilnehmer wird die Strecke bei Dunkelheit noch mit Lichthinweisen versehen werden.

Gegen 02:30 Uhr sammeln sich die freiwilligen Helfer dieses Streckenabschnitts dann zum Sammeltransport von der Kleinen Scheidegg mit der Bahn ins Tal. Diejenigen Athleten, die zu später Stunde vom medizinischen Dienst dort prophylaktisch aus dem Verkehr gezogen werden, nehmen sie da dann auch mit.

Ein langer Tag. Einmal im Jahr. Und auch die freiwilligen Helfer von vor Ort sind da immer wieder gerne dabei.

Wir steigen weiter nach Wengen ab und kreuzen zwischendurch auch die weltberühmte und extrem anspruchsvolle Lauberhorn-Abfahrt aus dem Alpinen Skiweltcup: Ca. 2:30 Minuten Fahrzeit für 4,5 Kilometer Strecke mit zum Teil sehr engen Passagen.

Unterhalb von Wengen kreuzen wir auch die alte Trasse der Zahnradbahn, die nun zu einem Relikt aus vergangenen Zeiten geworden ist:

In Lauterbrunnen verabschiede ich dann Martina nach einem richtig netten gemeinsamen Tag: Sie biegt ab zum Bahnhof und ich zu meiner Unterkunft:

Vielen Dank, Martina. War mir eine Freude ! Auf ein Wiedersehen der Weitwanderer, auf tolle Geschichten von Deinem geplanten Schweden-Tripp und alles Gute dafür !

Knapp 300 Höhenmeter stürzt der Staubbachfall - einer der höchsten der Schweiz - gegenüber meiner Unterkunft von oben herab.

Und ich bin heute alt-ehrwürdig, einfach, aber urig im obersten Stockwerk hinter den Glocken links untergebracht:

Übergänge:

- Kleine Scheidegg (2.061 m)

Begegnungen:

- Martina (martina08)

- zwei (etwas angeschlagene) Schülerinnen mit dem Rucksack und Zelt über die Berge längs durch die Schweiz von Münstertal/Graubünden bis nach Genf (OHNE Fähre ! - die gehen um den See !! Respekt !!!)