Samstag, 1. Juli 2023

Tag 28: (S)Ein blaues Wunder erleben

Oberammergau - Kenzenhütte
(24,2 km - 1.480 Hm auf - 1.020 Hm ab)

In meiner Unterkunft gibt es bereits ab 07:00 Uhr Frühstück (wohl auch wegen der vielen internationalen Militär-Gäste, die hier auf Fortbildungen sind und auch bei privaten Gastgebern unterkommen): Perfekt - oder wie das auf Finnisch heißt.

Hatte es nachts augenscheinlich irgendwann geregnet, so nieselt es noch etwas, als ich um das Haus zum Frühstück gehe, aber bis ich mit dem Morgenmahl fertig bin und bereit zu Abmarsch, ist es von oben her trocken: Prima.

In Richtung Kolbensattel verlasse ich gen Westen den Ort in den Wald...

Kurz bin ich mal wegen aktiver Waldarbeiten mit Seilbahn irritiert, aber die abgespannte "Talstation" kann gefahrlos (und legal) umgangen werden:

Wenn die mir den Weg versperrt hätten, wäre guter Rat heute echt teuer gewesen.

Kurz unterhalb des Sattels - wo der Sessellift für Fußfaule endet - muß ich mal wieder aufpassen, daß ich nicht - aus Versehen - auf der Abschußliste lande (wie ein Höhlenbär sehe ich mit meinem Bart bestimmt auch schon fast aus):

Mit meinem Rucksack bzw. meiner Regenjacke (wenn der Rucksack in seine blaue Regenhülle gepackt ist) qualifizierte ich mich farblich immerhin - zumindest wörtlich - für die Rote Liste: Und alles darauf ist STRENG geschützt, oder ?

Diese posierlichen Kerlchen sind jedenfalls in Österreich, Deutschland und der Schweiz streng geschützt und heute - wegen der Feuchtigkeit - mal wieder zu beobachten:

Hier sogar gleich geballt ;-)

Nachdem es vom Kolbensattel (1.276m) erst gen Westen bergab gegangen war, führt der Fahrweg gen Südwest bergauf:

Auf 1.564 Metern erreiche ich das August-Schuster-Haus am Pürschling:

Für eine Einkehr ist es noch zu früh, also schnell den Weg suchen (gar nicht so einfach: versteckt zwischen den Hütten) und weiter.

Gerade habe ich Stärkung noch verweigert und schon könnte ich eigentlich Traubenzucker gebrauchen:

Puh, hier geht es ganz schön schmal, direkt neben steil bergab, in Kombination mit glitschig-naß zu:

Kurz danach kommt eine Abzweigung und ich entscheide mich gegen die rote Variante über die Höhen (schwieriger, dafür weniger Auf-/Abstiegs-Meter) und für den blauen (einfachen) Bergweg (laut Definition) hinab nach Schloß Linderhof.

So hatte das auch mein Vater für mich bei der Anpassung der Tour (Oberammergau statt Hörnlehütte) geplant.

Während der nächsten 90 Minuten ziehe ich mehrmals die Änderung des Begünstigten meiner Lebensversicherung nach meiner Rückkehr nach Hause in Erwägung - sollte ich lebend dort ankommen ! - Nachdem ich weder Kinder noch Geschwister habe: Hat jemand Interesse ?

Der Weg ist in der Regel einen Fuß breit. Er führt meist entweder durch Steilhänge oder diese hinab.

Die nassen Wurzeln haben optimale Reibung wie Schmierseife und die Felsabsätze sind auch nicht so prickelnd.

Mann, bin ich froh, als es später angenehmer wird:

Ob der Schilderproduzent farbenblind war ?

Bergauf ist der Weg übrigens "rot" klassifiziert - wobei doch jeder weiß, daß bergab die Herausforderung ist und weniger bergauf.

Mutmaßlich wäre die Route obenrum (nicht die über die Gipfel, sondern die an den Gipfeln vorbei) über die Brunnenkopfhäuser auch nicht schlimmer gewesen.

Von Linderhof sehe ich leider gar nichts - außer den Parkplätzen im Wald :-(

Nachdem ich nun wieder unter 1.000 Metern unterwegs bin, geht es erst auf einer einsamen Forststraße gen Südwesten und dann in das Sägertal hinein gen Nordwest.

Gegen Ende des Tals führt der Fahrweg erst noch in kurzen Serpentinen bergauf.

Dann endet das Sträßchen und zwei Pfade führen weiter.

Wenige Meter meinen Pfad weiter, im dichten Wald, haben sich auf zwei Bäumen direkt links und rechts des Weges zwei Eichhörnchen in ca. drei Metern Höhe postiert, schauen mich direkt an und machen keine Anstalten, sich in die höheren Etagen zu flüchten, wie das die kleinen Angsthasen sonst so machen:

Mmmh, ich bleibe erstmal stehen und denke an die morgendliche Begegnung mit dem schwarzen Eichhörnchen: Ob die irgendwie mitbekommen haben, daß ich mir am Vorabend eine neue Dose Cashew-Kerne gekauft und nun an Bord habe ?

Ob die mich (wie in diesen Robin-Hood-Sherwood-Forrest-Filmen) gleich mit Netzen einfangen, mit Zwillen bewußtlos schießen oder gar mit selbstgeschnitzten Holzknüppeln niederschlagen und ausrauben wollen ?

Nachdem ich den beiden eine Gardinenpredigt zu Nutriscore und der Schädlichkeit von stark gesalzenem Futter gehalten habe, kann ich unversehrt meinen Weg fortsetzen.

Nach dem Wald geht es über Wiesen bis zum Bäckenalmsattel (1.538 m) und der Blick zurück sieht auch nett aus:

Jetzt nur noch ein wenig Abstieg bis zum Tagesziel und bis dahin treffe ich sogar noch zwei Wanderinnen, nachdem der Weg seit Linderhof zuvor so einsam war.

Die private Kenzenhütte ist echt klasse !

Ausnahmsweise nehme ich sogar Halbpension und die Gänge sind auch nett angerichtet:

Die Chefin (die sich meinen Namen gleich gemerkt hat, obwohl mit den zwei Bergschul-Gruppen locker 25 Leute auf der Hütte sind) kommt dann extra nochmal und fragt, ob jemand Nachschlag mag.

Sonst bin ich da ja quasi gar nicht so, aber just HEUTE, weil sie es ist: Also ein wenig (a weng - obwohl es alles andere als a weng weng war) würde ich schon noch...

Es kommt wie im Vorjahr auf der Neuen Fürther Hütte (Hirschgulasch): Nochmal eine komplette Portion.

Der Bergführer am Tisch nebenan - der sich ähnlich geäußert hatte, wie ich - verzagt. Ich zieh es durch: Brennstoff(/-Vorrat) kann man bestimmt immer mal brauchen (denkt an die Dampfmaschine !).

Mit der Bergführerin der anderen Gruppe komme ich dann noch ins Gespräch, weil ich neugierig bin, was die HIER eigentlich treiben: Oberstdorf - Zugspitze (in sechs Tagen mit viel Bus, Bergbahn und Taxi :-(

Etwas interessierter bin ich dann (Wandern - sogar aus eigener Kraft - kann ich ja selber) an Schneeschuh-Alpenüberquerung im Winter (das würde ich mir alleine nicht zu trauen), als ich allerdings den Zeitrahmen von ca. FÜNF Tagen höre, vergeht es mir schon wieder und ich suche noch nichtmal die Homepage auf, denn das scheint mir schon wieder so ein Etiketten-Schwindel-Ding zu sein...

Apropos Winter: Heute war der erste Tag seit Wien, wo das Rucksack-Kern-Temperatur-Meßgerät NICHT über die 20°-Marke kletterte, sondern bei 17° das Maximum erreicht war. Geschwitzt habe ich trotzdem - und NICHT erst im Schürofen-beheizten Trockenraum der Kenzenhütte !


Begegnungen:

- 1 schwarzes Eichhörnchen

- 3 Alpensalamander

- 1 Alpensalamander

- 1 Einheimischer mit Begleitung

- 2 Bamberger (wobei sie in Sambagruppe in 2 Wochen in Coburg spielt)

- 2 kleine schwarze Eichhörnchen


4 Kommentare:

  1. Grenzüberschreitung
    Hat es eigentlich irgendwie gebitzelt, geblitzt oder gedonnert, als Du so achtlos von Deinen Bergen zu meinen Bergen gewechselt bist?

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    1. auf-und-davon04 Juli, 2023 00:03

      seine Berge -- Deine Berge?

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    2. Annettes Berge: Allgäu
      Kais Berge: der Rest der Alpen
      Ich denke, wir haben da eine faire Aufteilung etabliert :-)

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  2. Alpenüberquerung mit Schneeschuhen - da kann ich was empfehlen:
    https://www.vergissmi.net/?p=13314

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