Kurz vor 09:00 Uhr komme ich am Bus-Bahnhof in Chamonix an, wo ich knapp drei Wochen zuvor mich erstmal in die Pause verabschiedet hatte.
Die Berge leuchten vor dem blauen Himmel schon wieder verführerisch, ich habe zu Hause ein weiteres Down-Sizing meiner Wanderhose durchgeführt (bald passe ich wieder in Kindergrößen oder Wespentaillen-Kleider) und so richtig abgekühlt bin ich auch nicht, denn Andrea (die Stuttgarter Wanderbegleitung auf dem GR5 von Ende Juli) hatte mich nahezu täglich mit Reisebericht und Fotos vom Trail "auf Temperatur" gehalten.
Danke, Andrea !
Nur ein kleines - nein, eigentlich ein GROSSES - Problem verdirbt mir gerade den Start: Meine Wanderstöcke lassen sich nicht auseinanderziehen. Ich hatte sie zwar gereinigt, allerdings nicht geölt und auch nicht getestet - sind wohl festgefressen :-(
Drecksteile :-( :-(
Ich, OHNE Wanderstöcke... :-( :-( :-(
Ob WD-40 in Frankreich auch "WD-40" heißt ?
Was wohl die französischen Wörter für "Zange" und "Schraubstock" sind ?
Wer zu sadistischen Zügen neigt, dem sei - neben anderen Mensachen Reisen mit der Deutschen Bahn zu wünschen - an dieser Stelle empfohlen:
Dieses Mal zum Start also zweibeinig. Na, das kann ja heiter werden...
Von Chamonix orientiere ich mich erstmal gen Westen, um in Richtung Les Houches zu gehen.
Dort komme ich wieder auf den GR5-Trail und an einem lauschigen Pausenplatz zur ersten Begegnung mit einer roten Telefonzelle:
Hier zweckentfremdet als Bibliothek bzw. Book-Crossing-Punkt.
Später in den Bergen dienen die ja teilweise zur Signalisierung von Empfang - habe ich mir zumindest (von Andrea im Vorfeld) sagen lassen.
Ganz so fertig sehe ich von meiner Anreise ja nicht aus, ich habe für heute aber auch eher eine moderate Tour zum (Wieder-)Einstieg geplant:
In gut einer Woche beginnen die Ultra-Trail-Montblanc (UTMB), so daß bereits viele Bergläufer unterwegs beim Training zu beobachten sind, aber ich lasse es geruhsam angehen.
In Les Houches nehme ich mir diesmal die Zeit, um typische Start- bzw. Ziel-Fotos der Tour du Montblanc (TMB) zu schießen, die ich 2010 mit Marianne gegangen war.
Als ich direkt daneben diese Flitzer stehen sehe und dagegen an mein doppeltes Handicap (zwei fehlende Wanderstöcke) denke, überlege ich mir, daß es jetzt ja total hilfreich wäre, wenn hier ein Outdoor-Shop am Weg wäre, der mir einfach neue (einfache) Stöcke verkauft...
Die Mittersil-Variante geht auf - die Frisur sitzt *äh* die Glücks-Strähne hält - und noch vor dem Ortsausgang habe ich wieder etwas handfestes in Händen - und dazu war nichtmal elektronische Suche, sondern nur offenes Auge nötig.
Ok, jetzt kann mich erstmal wirklich nichts mehr halten - das Lächeln ist zurück :-)
Einzig, daß Petrus mir etwas (noch dazu trocken) in die Suppe spukt, gibt mir zu denken: Der muß meine Gedanken am Donnerstag Abend bei der Planung aus meinem Kopf ausgelesen haben (gemütlicher Wiedereinstieg) und macht sich augenscheinlich - nein, schweißporenfühlig - einen Spaß daraus, mich gleich mal mit 30° im Schatten (nur meist ohne Schatten) ordentlich hitzig zu begrüßen.
Diesen Abschnitt des Weges kenne ich zwar bereits von 2010, aber da mein Etappenzuschnitt ganz anders und die Gehrichtung umgedreht ist, fällt das keineswegs negativ ins Gewicht.
Hier in Bionassay zum Beispiel hatte ich mit Marianne 2010 die vorletzte Nacht verbracht und man konnte vom Restaurant durch eine Glasscheibe direkt die Tiere im Stall sehen bzw. sie blickten zurück:
Heute nutze ich nur den Brunnen vor dem Haus, um mein Kopftuch wieder mit Wasser zur Kühlung zu tränken. Auch wenn das aktuell nur ca. 15 Minuten anhält: Besser als nichts und es gibt hier immerhin viele Brunnen und Bäche.
Nun, zu schnell bin ich jedenfalls nicht unterwegs, schließt steckt mir auch die Anreise noch in den Knochen.
An diesem Dorfplatz - wo die Kinder IM Brunnen saßen - erkennt ein Mann vor Ort sofort den Ernst der Lage: Keine Ahnung, was er zu den Kids auf Französisch gesagt hat, aber die machen gleich etwas Platz, denn augenscheinlich habe ICH gerade den größeren Erfrischungsbedarf:
Mit ein paar anderen Wanderern spiele ich erst Pausen-Hopping und dann Hase und Igel, denn mein GPS kennt solch nette Wege, so daß ich erst hinter und plötzlich vor der "Konkurrenz" bin...
So langsam geht es auf mein Tagesziel Les Contamines zu. Und ich muß zugeben, ich bin schon ganz froh und freue mich auf etwas zu Trinken mit Geschmack.
In der kleinen Tal-Unterkunft des Französischen Alpenvereins gibt es auch eine klare Sitzplatzeinteilung:
Ich widme die Inschrift jetzt mal einer Person, die - sollte sie hier mal vorbeikommen - schon weiß, wieso/weshalb/warum ;-)
Begegnungen:
- 1 Eidechse
- 1 tote Schlange
- 3 Franzosen, die aber eher einzeln jeweils ihr Tempo gehen, aber irgendwie schon zusammenzugehören scheinen
- Heidi aus Bristol: junges Mädel mit Zelt auf dem TMB unterwegs (heute spät in Les Houches gegen den Urzeigersinn eingestiegen (98% Standard) und als wir uns treffen hat sie noch 18 km für den späteren Nachmittag im Sinn - mörderisch diese jungen Leute von heute
- 2 Asiaten
- jede Menge weitere Grüppchen, mit denen ich teilweise Hase & Igel spiele: GPS-Abkürzungen statt bedingungslose Wegtreue :-)
- am Englisch-Tisch beim Abendessen:
+ Rebecca (New Hampshire, US) und ihr Freund aus Argentinien, der gerade 6 Monate PostDoc in Deutschland ist
+ Carry + Carrie aus UK, wovon eine der beiden u.a. den PCT bereits auf zwei Etappen gegangen ist
Du hast ja scheinbar doch gut geschlafen im Bus, hattest ja noch nicht mal Augenringe ;) Und zum Hase und Igel spielen hat's auch gereicht :))
AntwortenLöschenFein, dass wieder weitergeh(s)t!
AntwortenLöschenHi Kai, da hat sich deine Pause mit meiner Wanderung überschnitten. Genial, jetzt kann ich stressfrei mit dir mitwandern. Lg Volker
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